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Bundesländer: Opfer der Misere?

Noch stehen die meisten Länder zum Ziel der härteren Schuldenbegrenzung.

Klaus Wowereit hat die Angelegenheit schon abgehakt. Harte Schuldenbegrenzung durch die Föderalismuskommission? „Kein Thema mehr.“ Aber der Berliner Regierende Bürgermeister gehörte nie zu denen, die – angesichts der Berliner Haushaltslage – besonders ambitionierte Ergebnisse von der Bund-Länder-Runde erwarteten, deren Ziel es ist, wirksamere Schuldenbremsen in die Haushalte einzubauen. Sagen selbst SPD-Parteifreunde.

Freilich ist Wowereit keine Einzelstimme mehr. „Ich gehe nicht davon aus, dass es hier noch zu einer Einigung kommt.“ Der Satz stammt vom sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich, und der CDU-Politiker gehört durchaus zu denen, die im Gegensatz zu Wowereit möglichst strikte Regeln haben möchten. Und er hat sie in Sachsen auch eingeführt. Kippt die „Föko“ also doch noch, obwohl man bereits auf der Zielgeraden ist – wie Kommissionschef Günther Oettinger seit Wochen betont? Geht der hehre Vorsatz, jetzt endlich Schluss zu machen mit dem immer weiteren Vormarsch in den Schuldenstaat, im Angesicht der für den Staat wohl teuren Weltfinanzkrise flöten?

Was Wowereit möglicherweise erhofft und Tillich befürchtet, ist aber noch nicht ausgemachte Sache. Jedenfalls in den Ländern nicht. Hessens Noch-Ministerpräsident Roland Koch (CDU) etwa warnte am Freitag im Bundesrat eindringlich davor, jetzt aufzugeben. „Die Dämme zu neuen Ausgaben werden in der jetzigen wirtschaftlichen Situation schneller brechen, als wir glauben“, prophezeite er. Daher muss nach Kochs Worten der Riegel jetzt vorgeschoben werden. Auch der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) will die Kommission nicht beenden. Wenn man die Krise zum Vorwand mache, die Föderalismuskommission aufzugeben, „dann hätten wir sie gar nicht erst beginnen müssen“, sagte er.

Aber sollte sie nicht aufgeschoben werden, bis die Krise vorbei ist? Nein, meint Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU). „Jetzt auszusetzen, macht keinen Sinn.“ Die Chance, es in dieser Wahlperiode mit der großen Koalition im Bund zu schaffen, müsse genutzt werden. Die Krise könne eine Einigung sogar beschleunigen. Er plädiert weiter für eine möglichst enge Schuldengrenze.

Auch der rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) bleibt optimistisch. „Ich sehe nicht, dass die SPD jetzt sagt: Das war’s.“ Er sieht sogar bessere Chancen für den Vorschlag seiner Partei, der eine jährliche Verschuldung von 0,75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erlauben will, was ebenfalls strenger ist als die jetzige Regel. Mit Blick auf die ambitionierteren Wünsche von Union und FDP sagt er: „Wir sind wieder auf dem Boden der Realität.“ Nötig sei keine Schönwetterregel, sondern eine, die auch passe, wenn es stürmt. Das SPD-Modell lasse mehr Raum für ein Atmen der Haushalte gemäß der konjunkturellen Situation. Ein Kompromiss ist durchaus noch möglich. Tillich treibt aber eine andere Frage um: Kann man den Bürgern erklären, dass man eine härtere Schuldenbegrenzung einführt, die man wegen der Ausnahmesituation Finanzkrise zunächst aber gar nicht anwenden kann?

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