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Julia Klöckner, rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzende und stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende.

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Update

Pegida und die Meinungsfreiheit: Hat Julia Klöckner den Hitlergruß verharmlost?

Ist für die CDU-Bundesvize Julia Klöckner der Hitlergruß durch die Meinungsfreiheit gedeckt? Grüne und SPD sind irritiert. Ihre Partei beklagt eine bösartige Unterstellung.

Mit zwei Sätzen hat Julia Klöckner, stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU, es am Dienstag geschafft, für einige Aufregung zu sorgen. In einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur sagte die Fraktionschefin der Union im rheinland-pfälzischen Landtag wörtlich: „Ich mag natürlich auch keinen, der sich mit einem Hitler-Gruß ablichten lässt und Anführer einer Pegida-Demonstration ist. Dennoch ist das Recht auf freie Meinungsäußerung, auch wenn einem die Inhalte nicht gefallen, grundlegend für unsere freie Gesellschaft.“ Hat Klöckner nun gemeint, dass der Hitler-Gruß von der Meinungsfreiheit gedeckt ist? Man darf getrost annehmen, dass das nicht der Fall ist. Auch wenn Klöckner schon unglücklich formuliert hat. Ihr Fraktionssprecher Olaf Quandt sagte dem Tagesspiegel, Klöckner eine solche Meinung zu unterstellen, sei absurd. Sie habe das Recht auf freie Meinungsäußerung „klar erkennbar“ auf das Demonstrationsrecht bezogen und nicht etwa auf den zurückgetretenen Pegida-Organisator Lutz Bachmann, dessen Bild mit Hitler-Bärtchen oder gar den Hitler-Gruß an sich.

 SPD und Grüne üben Kritik

Zuvor hatte der Generalsekretär der rheinland-pfälzischen SPD, Jens Guth, Klöckner hart  angegangen: „Ein Hitlergruß hat nichts mit freier Meinungsäußerung zu tun. Wer den Hitlergruß des ehemaligen Pegida-Vorsitzenden Lutz Bachmann in eine Argumentationskette für Meinungsfreiheit bringt, handelt verharmlosend und geschichtsvergessen." Die Grünen-Landtagsabgeordnete Pia Schellhammer nannte es „erschütternd“, wenn Klöckner „eine solche Pose verharmlost und sogar noch als Ausdruck von Meinungsfreiheit legitimiert". Grünen-Landeschefin Katharina Binz verlanget eine klare Distanzierung. Klöckner verharmlose den Hitler-Gruß, indem sie mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung argumentiere. "Das klingt nach dem oft gehörten 'Das wird man ja noch sagen dürfen!' und der Argumentation der Pegida-AnhängerInnen", sagte Binz.

Quandt sagte: „Wer das gesamte Interview liest, sieht, dass sich die Äußerungen von Frau Klöckner zur Meinungsäußerungsfreiheit klar erkennbar auf das Demonstrationsrecht und nicht auf das Bachmann-Bild und schon gar nicht auf den ,Hitler-Gruß' beziehen. Etwas anderes zu konstruieren, ist unredlich.“ Die Leute, die in Demonstrationen "einem Herrn Bachmann" hinterherliefen, nähmen aber ein Grundrecht war. "Dies darzustellen, war die Absicht, auch wenn man persönlich ein solches Verhalten nicht billigen mag oder nicht nachvollziehen kann.“ Natürlich sei der „Hitler-Gruß“ nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Klöckner wird wissen, dass er zu den Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gehört und das Zeigen strafbar ist. Bis zu fünf Jahre Gefängnis stehen darauf.

 Versammlungsfreiheit verteidigt

In dem Interview verteidigte Klöckner die Versammlungsfreiheit. Ein Verbot wie das in Dresden vor gut einer Woche müsse „sehr, sehr gut begründet sein und ein Ausnahmefall bleiben“. Die Anschlagsdrohungen seien aber ein nachvollziehbarer Grund gewesen. „Der Anschein darf dabei aber niemals entstehen, dass die Inhalte der Parolen der Grund sein könnten, warum die Demonstration verboten wurde. Jeder sollte sich hier Häme verkneifen. Denn wer sagt "Je suis Charlie", der muss auf der anderen Seite auch Pegida ertragen können als Teil der Meinungsfreiheit.“

Zum Umgang mit Pegida sagte die CDU-Bundesvize: „Mit Pegida reden? Es gibt Personen, von denen man von vornherein weiß, dass Gespräche wenig Sinn machen. Ich finde, es ist wichtig, wenn Politik hinhört, aber es kann nicht sein, dass dadurch die Tagesordnung bestimmt wird in einer Abwehrhaltung und reflexhaften Art. Es gibt bei mir kein Verständnis für Leute, die rassistisch, kriminell und gewaltbereit sind. Aber ich würde mich den suchenden, fragenden Menschen nicht verschließen.“ Sie hoffe, ergänzte Klöckner mit Blick auf Pegida, „wenn die Tage wieder länger und abends heller werden, dass so mancher erkennt, wem er da hinterher gelaufen ist“.

 "Kultur des Erinnerns"

In der Gedenkveranstaltung des Landtags 70. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau am Morgen hatte Klöckner gesagt: „Es ist gut, dass wir eine starke Kultur des Erinnerns leben, denn das grausame Verbrechen der Nationalsozialisten an Millionen Menschen verjährt nicht“. Immer wiederkehrende Forderungen einzelner, „es müsse doch mal gut sein“, wies sie zurück. Das Erinnern an dürfe nicht aufhören. Auch jeder Vergleich mit anderen Ereignissen verbiete sich. „Wir brauchen diese Erinnerung und die Berührung durch die Berichte noch lebender Zeitzeugen, um nie zu vergessen, wohin Diktatur und Rassismus führen können.“

Zuletzt hatte Klöckner Schlagzeilen mit der Forderung nach einem Burka-Verbot gemacht.

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