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© dpa

Piratenpartei: Klarmachen zum Entern – vielleicht 2013

Die Piratenpartei will sich langfristig auf Landes- und Bundesebene etablieren. Viele Themen deckt sie dabei freilich nicht ab.

Berlin - Es fehlten zunächst die Worte nach den ersten Hochrechnungen. Die Trauer saß offenbar tief, wünschten sich die Piraten doch am wenigsten ein schwarz-gelbes Bündnis. Aber mit ihrem eigenen Wahlkampf konnten sich die Piraten am Sonntagabend zutiefst zufrieden zeigen. Immerhin haben sie die Zweiprozentmarke geknackt, in Berlin holten sie sogar drei Prozent. In ihren Hochburgen in Friedrichshain und Prenzlauer Berg lag die Piraten-Truppe gar bei sechs Prozent. Von der Bühne des Astra-Kulturhauses klingt es unisono: „Ahoi Piraten!“ .

Aber so richtig Partei sein, das wollen die Piraten anscheinend nicht. Hätte die Piratenpartei den Bundestag schon bei dieser Wahl geentert, wäre ihr wichtigster Mann nicht einmal an Bord der Fraktion. Jens Seipenbusch wurde wenige Monate vor der Bundestagswahl zum Parteivorsitzenden gekrönt. Trotzdem wollte der 41-jährige IT-Manager sich nicht auf die Landesliste von Nordrhein-Westfalen setzen lassen. „Piraten sind hauptberuflich keine Politiker.“ Der Münsterländer ist Gründungsmitglied und sieht das Wahlergebnis als Anzeichen eines gesellschaftlichen Wandels. „Die Wähler haben die Politik von Wolfgang Schäuble abgestraft.“

Das Wahlergebnis wurde maßgeblich durch die Europawahl beeinflusst. Während 7,1 Prozent der Schweden für die junge Partei stimmten, holte die deutsche Schwesterpartei gerade einmal 0,9 Prozent für Europa. Aber der schwedische Siegeszug steckte an. Sprunghaft verzehnfachte sich die Mitgliederzahl, vor allem in den Städten Hamburg, Berlin und Bremen. Das Durchschnittsalter liegt derzeit nach eigenen Schätzungen bei 29 Jahren.

Im Herbst 2006 wurde die Piratenpartei in Berlin von einer Handvoll Leute gegründet. Mittlerweile zählt sie rund 9000 Mitglieder und ist in 16 Landesverbänden organisiert. Innerhalb von drei Jahren sind die Piraten zur siebtgrößten Partei Deutschlands angewachsen. Zum Vergleich: Bündnis 90/Die Grünen verfügen als sechstgrößte Partei über rund 47 000 Mitglieder. Trotz aller Euphorie ist der Weg zu einer ernst zu nehmenden politischen Größe noch weit. Ein Einzug in den Bundestag wäre auch 2013 unwahrscheinlich. Nur zwei Piraten wurden bislang in die Stadtparlamente von Aachen und Münster gewählt. Bei den Landtagswahlen 2008 in Hessen und Hamburg blieben sie unter wahrnehmbaren ein Prozent der Stimmen. Anders als bei den im Bundestag etablierten Parteien sind die politischen Ziele der Piraten auf ein kleines Themenfeld beschränkt. Seipenbusch versteht die Piraten allerdings nicht als klassische Volkspartei. Ihr Engagement konzentriere sich auf wenige Schwerpunkte wie den Kampf um Bürgerrechte. „Wir wollen die Vorratsdatenspeicherung rückgängig machen“, betont der Parteichef. Vor allem gelte es, die Privatsphäre im Internet zu schützen und die Bürger direkter an politischen Entscheidungen zu beteiligen.

Nach der Wahl ist vor der Wahl, heißt es am Wahlabend. „Ich gehe ganz fest davon aus, dass wir 2011 ins Berliner Abgeordnetenhaus einziehen werden“, sagt Florian Bischof. Der 31-Jährige ist Informatiker und Berliner Spitzenkandidat. Zunächst wollen die Piraten ihre Partei weiter aufbauen. Und: „Wir müssen noch konkreter Politik machen“, betont Bischof. Dazu haben die Berliner Piraten ein Bildungswerk gegründet.

Unter grünen und liberalen Wählern sieht Seipenbusch ein wichtiges Stimmenpotenzial. Aber abtrünnige Mitglieder anderer Parteien gab es bereits vor der Wahl. So wechselte Herbert Rusche, Gründungsmitglied der Grünen sein Parteibuch. Prominentester Überläufer ist der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss, der unter Verdacht steht, Kinderpornografie privat genutzt zu haben. Seipenbusch nimmt ihn in Schutz: „Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit der Partei, dass wir uns an die Unschuldsvermutung halten.“ Die Frage, ob Tauss nach einer Verurteilung wegen Besitzes von Kinderpornografie von den Piraten ausgeschlossen würde, beantwortet er nicht. „Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen“, betont Seipenbusch.

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