zum Hauptinhalt
Rolf Mützenich.

© dpa/Hendrik Schmidt

Unionsfraktion kritisiert SPD-Politiker: Mützenich will an Äußerungen zum Einfrieren des Ukraine-Kriegs festhalten

Der SPD-Fraktionschef erntet heftige Kritik für seine Kriegsaussage. Diese sei „sehr gefährlich“, meint etwa Unionsfraktionsmanager Frei. Mützenichs Parteigenosse Pistorius distanziert sich von ihm.

| Update:

Trotz Kritik will der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich an seinen Äußerungen zum Einfrieren des Ukraine-Kriegs festhalten.

Auf die Frage, was er mit dem Begriff gemeint habe und ob er ihn korrigieren wolle, sagte Mützenich der „Neuen Westfälischen“ am Dienstag: „Nein, das möchte ich nicht. Ich bin in den Sozial- und Friedenswissenschaften ausgebildet. Dort wird das Einfrieren als Begrifflichkeit genutzt, um in einer besonderen Situation zeitlich befristete, lokale Waffenruhen und humanitäre Feuerpausen zu ermöglichen, die überführt werden können in eine beständige Abwesenheit militärischer Gewalt.“ Das benötige natürlich die Zustimmung beider Kriegsparteien, was man nicht von außen diktieren könne.

Mützenich steht wegen seiner Aussagen in der Bundestags-Debatte über eine Lieferung der Taurus-Marschflugkörper vom vergangenen Donnerstag in der Kritik. Er hatte gefragt: „Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Mützenich mahnte an, man solle in Bezug auf den Ukraine-Krieg auch Alternativen in den Blick nehmen. Auf die Frage, ob seine jüngsten Aussagen bewusst falsch interpretiert würden, sagte er: „Das will ich niemandem unterstellen. Aber wer mich so heftig kritisiert, ist offenbar nicht bereit, eine politische Debatte zu führen, die auch Alternativen in den Blick nimmt.“

Laut Mützenich könne aller Voraussicht nach China auf Russland einwirken für eine mögliche Lösung. „Wir müssen China davon überzeugen, dass die Volksrepublik ein existenzielles und wirtschaftliches Interesse hat, stärker im von Russland zu verantwortenden Krieg diplomatisch aktiv zu werden.“ China habe wahrscheinlich noch einen gewissen Einfluss auf Russland. „Diese Debatten muss die Politik doch führen, anstatt darüber zu reden, wo die Schrauben beim Taurus sitzen. Die Optionen, wie ein militärischer Konflikt beendet werden kann, die werden am Ende politische sein.“

Unionspolitiker Frei spricht von „inakzeptablem Ansatz“

Unterdessen wies die Spitze der Unionsfraktion Mützenichs neuerliche Äußerungen scharf zurück. „Ich halte diesen Ansatz für absolut inakzeptabel“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten im Bundestag, Thorsten Frei (CDU).

Thorsten Frei ist Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Thorsten Frei ist Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

© dpa/Serhat Kocak

„Ich sehe hier nirgends einen Ansatz, wie man zu Friedensverhandlungen kommen kann“, so Frei. Demnach halte er den Vorschlag von Mützenich „bestenfalls für naiv, aber eigentlich für sehr gefährlich“.

Es scheine innerhalb der SPD und der Ampel-Koalition in diesem Zusammenhang „noch einiges an Klärungsbedarf“ zu geben. Für die Union sei klar, dass es so schnell wie möglich zu Frieden in der Ukraine kommen solle, sagte Frei. „Das kann aber kein Diktatfrieden sein, sondern nur ein Frieden auf Augenhöhe.“

Pistorius: „Die SPD ist keine Partei der Putinversteher“

Am Montag distanzierte sich etwa Verteidigungsminister und Parteikollege Boris Pistorius von ihm. „Es würde am Ende nur Putin helfen“, sagte er in Warschau.

Am Dienstag erklärte Pistorius im Deutschlandfunk vor einer neuen Abstimmungsrunde der Ukraine-Unterstützer in Ramstein, das Wort einfrieren signalisiere, „man könne einen solchen Krieg und wir reden ja nicht über einen beidseitigen Konflikt, einen solchen Krieg einfach so einfrieren und dann hoffen, dass es besser wird. Wir wissen aus der Geschichte und aus den Erfahrungen mit Putin, dass das niemals so sein wird“. Die Worte Mützenichs bedeuteten aber den Wunsch nach Frieden.

„Die SPD ist keine Partei der Putinversteher“, sagte Pistorius. Die SPD stelle mit Olaf Scholz (SPD) den Kanzler und Deutschland stehe an der Spitze aller europäischen Unterstützer der Ukraine. Pistorius: „Es darf und kann keinen Zweifel geben an unserer Solidarität und unserer Unterstützung für die Ukraine. Alles andere sind herbeigeführte Diskussionen, die niemand braucht und die auch niemandem helfen, am wenigsten der Ukraine.“

Pistorius warnte davor, in der Debatte um eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern die wesentlichen Bedürfnisse der Ukraine im Abwehrkampf aus dem Blick zu verlieren. Ausreichend Artilleriemunition, weiter reichende Raketenartillerie sowie die Luftverteidigung seien die wirklich existenziellen Fragen, sagte der SPD-Politiker.

Er kritisierte, dass aus einer geheimen Sitzung des Verteidigungsausschusses Informationen öffentlich wurden. „Dass aus der Sitzung Geheimes nach draußen gedrungen ist, gehört genau zu dieser Kakofonie. Jeder versucht, sich über sein Verhalten zu profilieren, in irgendeiner Weise sein Spiel zu spielen“, sagte Pistorius. Er wundere sich ohnehin, dass mehr als 100 Teilnehmer bei einer solchen Sitzung dabei gewesen seien.

Bei der Unterstützung der Ukraine ist nach seinen Worten die Geschlossenheit sowohl der Regierungskoalition als auch der Regierungsfraktionen ungebrochen. Er warnte aber auch vor Schaden in der Taurus-Debatte: „Also zunächst mal ist diese Diskussion über Monate auf die Spitze getrieben worden. Das ist das gute Recht von jedermann, der das möchte. Man hätte ja gar nicht an den Punkt kommen müssen, dass ein für alle Mal auszuschließen. Ich glaube allerdings, dass klar sein muss, dass die Unterstützung für die Ukraine auf anderen Feldern wichtiger ist.“ (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false