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Internetsperren: Polizeiwappen auf dem Schirm

Die schwedische EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström hat Internetsperren als eine mögliche Option im Kampf gegen Kinderpornografie wieder ins Gespräch gebracht. In Schweden stoßen die Sperren auf wenig Einwände.

Die schwedische EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström hat Internetsperren als eine mögliche Option im Kampf gegen Kinderpornografie wieder ins Gespräch gebracht. Solche Sperren, von denen sich die schwarz-gelbe Bundesregierung aufgrund von Zensurvorwürfen gerade wieder zugunsten des Löschens krimineller Seiten verabschiedet hat, gibt es in Schweden schon seit 2006. Sie haben dort vor allem Symbolwert.

Malmström orientiert sich in ihrem am Montag vorgestellten Richtlinienvorschlag, wonach der Zugang von Nutzern zu Kinderpornografie EU-weit eingeschränkt werden soll, an den nordischen Ländern. In Schweden werden heute rund 50 000 Mal täglich Seiten mit kinderpornografischen Inhalten blockiert. Rund 5000 Internetseiten sind völlig gesperrt. Dabei erscheint das Wappen der schwedischen Polizei und dann der Hinweis: „Dein Internetbrowser versucht, Kontakt mit einer Webseite herzustellen, die kinderpornografisches Material enthält.“

Im Gegensatz zu Großbritannien, wo Nichtregierungsorganisationen für die Sperrlisten stehen, entschied sich Schweden, die Polizei einzuschalten. Sie arbeitet dabei eng mit ihren Pendants in Norwegen, Dänemark und Finnland zusammen. Sperrlisten werden ausgetauscht. Auch mit Großbritannien soll zusammengearbeitet werden. Zudem berücksichtigt die Polizei auch Sperrempfehlungen der internationalen Organisation gegen Kindesmissbrauch, „ECPAT”.

„Zwei halbe Stellen reichen aus, vieles ist ja automatisiert, und wir gleichen die Sperrlisten international ab“, sagt Kriminalinspektor Björn Sellström. Er ist Chef der Ermittlungsgruppe „Sexuelle Übergriffe auf Kinder und Kinderpornografie“ beim schwedischen Bundeskriminalamt, dem „Rikskriminalen“.

Die von seinen beiden Beamten erstellte Sperrliste wird an die Internetanbieter weitergeleitet. Alle großen Anbieter übernehmen die Liste. Dies geschieht auf freiwilliger Basis. Ein Gesetz gibt es nicht. Anfänglich drohten Politiker der Branche, die Mehrkosten befürchtete, mit einem Sperrgesetz, falls die Anbieter nicht freiwillig kooperieren würden. „Heute läuft die Zusammenarbeit ausgezeichnet. Eine Gesetzgebung brauchen wir nicht”, sagt Sellström. Allerdings deckt die Zusammenarbeit nur 85 bis 90 Prozent aller Internetverbindungen ab. Kleinere Anbieter sind nicht angeschlossen, weil dies für sie technisch zu aufwendig ist. Über diese Anbieter können deshalb die Sperren umgangen werden. Allerdings können ebenfalls Pädophile, die ihren Internetanschluss über einen großen Anbieter beziehen, Sperrungen relativ einfach umgehen, gibt Sellström zu. Aber man brauche dazu ein gewisses technisches Wissen, und viele, gerade auch Ältere, hätten das nicht, habe man in Schweden festgestellt.

Konkrete strafrechtliche Erfolge kann Schweden nicht vorweisen. Die Internetsperren führen nicht zur Lösung von Fällen, in denen Kinder sexuell ausgenutzt werden. Trotz solcher Unzulänglichkeiten hat man in Schweden grundsätzlich kaum Einwände gegen Internetsperren. So wird nur selten die Sorge geäußert, dass durch die Sperren die Demokratie gefährdet werden könnte. Dem Staat wird traditionell grundsätzlich vertraut. Wer vom Staat Leistungen einfordere, müsse auch Auskunft geben, lautet das Motto. Nahezu alle Angaben einer Person – bis zur Steuererklärung – sind im Internet für andere Privatpersonen abrufbar. Da ist auch die Kinderpornosperre kaum ein Thema.

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