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Bibi Aisha auf dem "Time"-Magazin

© Rückeis

Porträt Bibi Aisha: "Ich fürchte mich vor der Rückkehr der Taliban"

Bibi Aisha stammt aus der südafghanischen Provinz Oruzgan. Dort herrschen die Taliban. Ihr Mann schnitt der 18-Jährigen die Nase ab - aber konnte ihr den Stolz nicht nehmen.

Den Blick abwenden kann man tatsächlich nicht, vom meistdiskutierten Titelbild dieser Tage: das verstümmelte Gesicht der Afghanin Bibi Aisha auf dem Cover des US-Nachrichtenmagazins „Time“. Dazu die Zeile: „Was passiert, wenn wir Afghanistan verlassen.“ In Aishas Gesicht klafft ein Loch, an der Stelle, wo die Nase war. Darüber ein durchdringender Blick, sogar mit Stolz, der fast vergessen lässt, was der 18-Jährigen Schreckliches widerfahren ist. Bibi Aisha stammt aus der südafghanischen Provinz Oruzgan. Dort herrschen die Taliban und mit ihnen andere Gesetze, andere Rechte der Frauen.

Im Alter von zwölf Jahren wurde Aisha von ihrer Familie an einen Taliban-Kämpfer verschenkt, um einen Stammeskonflikt beizulegen. Ihr Onkel hatte jemanden aus dem anderen Clan getötet. Aisha war quasi die Wiedergutmachung. Als sie in die Pubertät kam, wurde sie mit dem Taliban verheiratet, dann jahrelang als Sklavin gehalten. Sie ergriff die Flucht, wurde wieder gefunden und von einem Taliban-Richter verurteilt: Das Mädchen habe die Familie entehrt. Aishas Ehemann schnitt ihr Nase und Ohren ab und ließ sie nach ihren Angaben blutüberströmt liegen. Gerettet wurde sie von einem US-Hilfsteam, das Aisha in ein Frauenhaus der Organisation „Women for Afghan Women“ brachte. Reportern erzählte sie in Kabul, dass sie sich vor der Rückkehr der Taliban an die Macht fürchte.

Nun das Titelbild in den USA mit dem Gesicht der entstellten Afghanin, für das sich „Time“-Chefredakteur Richard Stengel rechtfertigen musste. Ist es erlaubt, so ein Foto als Argument für den Krieg der USA in Afghanistan zu verwenden? Stengel schrieb, Titelbild und Zeile seien als Denkanstoß für die Fortsetzung des Krieges gedacht. Es ginge bei diesem Einsatz auch um die Rechte der Frauen, die Mädchenschulen, die Befreiung von der Burka und solchen Verstümmelungsriten, wie sie Bibi Aisha in ihrer Familie zum Opfer fiel.

Immerhin, eines hat die Schock-Bild-Diskussion bewirkt. Aisha soll in den USA kostenlos operiert werden. Sie werde in einem Krankenhaus in Los Angeles behandelt, teilte die Stiftung Grossman Burn am Wochenende mit. Die Operation sei ein Geschenk des Chirurgieprofessors Peter Grossman und der Belegschaft des Grossman Burn Center. Wann dieser Eingriff stattfinden soll, ist noch offen.

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