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Franco Marini.

© dpa

Update

Präsidentenwahl in Italien: Niederlage für Berlusconi und Bersani

Der 80-jährige Franco Marini bekommt im ersten Durchgang der italienischen Präsidentenwahl die meisten Stimmen. Aber die Zweidrittelmehrheit schafft er nicht - vor allem beiden Sozialdemokraten gibt es viele Abweichler von der Linie des Parteichefs Bersani.

Da hatte der Parteichef der italienischen Sozialdemokraten, Pier Luigi Bersani, am Mittwochabend noch rasch einen Überraschungskandidaten aus dem Hut gezaubert, und Silvio Berlusconi, als Führer der zweitgrößten Kraft im Parlament, hatte zeitgleich voller Zustimmung genickt: Der 80-jährige Franco Marini, darauf hatten sich die beiden Spitzenpolitiker insgeheim geeinigt, sollte Staatspräsident werden. Auch Mario Montis „Bürgerliste“ wollte für ihn stimmen. Auf diese Weise hätte Marini die Zweidrittelhürde in der parlamentarischen Wahlversammlung mühelos genommen – aber die Abgeordneten spielten nicht mit. Dafür, wie zum Trotz, entschieden sich überraschend viele für den Kandidaten der rebellischen „Fünf-Sterne-Bewegung“ von Beppe Grillo.

Die Entscheidung ist also verschoben. Freitag gibt es zwei weitere Wahlgänge. Unsicher ist, ob Marini der Kandidat von „B&B“ – wie Bersani und Berlusconi mittlerweile im Duo genannt werden – bleibt. Auf jeden Fall hat ihn die Parteiführung der Sozialdemokraten über den zweiten und über den Freitagvormittag stattfindenden dritten Wahlgang gerettet: Sie empfahl den Parlamentariern, leere Stimmzettel abzugeben und damit gezielt ein Ergebnis zu verhindern. Im vierten Wahlgang Freitagnachmittag reicht dann die absolute Mehrheit. Bersani hat im wachsenden parteiinternen Unmut aber Donnerstagabend versprochen, er werde „die neue Phase zur Kenntnis nehmen“; eine Versammlung seiner Abgeordneten werde „bestimmt eine Lösung finden und einen Vorschlag machen.“

Gespalten hat sich vor allem Bersanis eigene Partei, der „Partito Democratico“. Gegen Marini selbst, der ein Leben lang in der Gewerkschaft gearbeitet und als Senatspräsident überall politische Anerkennung gefunden hat, konnte keiner etwas haben. Wohl aber gegen die Art und Weise, wie Parteichef Bersani den Kandidaten bestellt hat – in Absprache nicht mit der Partei, sondern im Alleingang mit dem „Erzfeind“ Berlusconi. „In Wahrheit hat Berlusconi unseren Kandidaten ausgesucht“, sagte Matteo Renzi, Bersanis aufstrebender parteiinterner Widersacher und Bürgermeister von Florenz. „Wenn Marini den Weg für weitreichende politische Regierungsabsprachen mit Berlusconi ebnen soll, dann ist er nicht mein Staatspräsident“, sagte auch Parteipräsidentin Rosy Bindi.

Und ebenso wie Matteo Renzi, der von der ersten Minute an erklärte, die 50 Parlamentarier, die hinter ihm stünden, würden Marini keinesfalls wählen, distanzierte sich auch der Anführer des linken Flügels, Nichi Vendola, dem ebenfalls etwa 50 Parlamentarier zugerechnet werden, von Marini. Die Entscheidung für einen 80-Jährigen, der einer „untergegangenen politischen Epoche Italiens“ angehöre, sei „ein Anachronismus“. Italien, so sehen das mit Vendola auch viele andere Linke, wolle den Wandel: „Die Parlamentswahlen haben ein Erdbeben ausgelöst; wir sind dafür nicht gerüstet.“ Und vor dem Theater in Rom, in dem Bersani seine Entscheidung bekannt gab, schrien Demonstranten: „Verräter!“

So kam es im ersten Wahlgang, wie es kommen musste. In der Wahlversammlung, die aus den Abgeordneten beider Parlamentskammern und zusätzlich aus 58 Delegierten der Regionen besteht, blieb Franco Marini um 151 Stimmen unter der erforderlichen Zweidrittelmehrheit von 672 Stimmen. Freuen konnten sich dafür die fundamental-oppositionellen „Grillini“: Sie hatten mit dem gleichfalls 80-jährigen Jura-Professor Stefano Rodotà einen Kandidaten präsentiert, der auch vielen Abgeordneten aus Bersanis Reihen gefiel. Er erreichte 240 Stimmen, etwa 80 Stimmen mehr, als die „Grillini“ in der Wahlversammlung stellen. „Ergebt euch“, rief Grillo denn auch sofort den anderen Parteien zu.

„B&B“ aber wollen zumindest bis zum vierten Wahlgang durchhalten, in dem dann – egal ob für Marini oder einen neuen "gemeinsamen" Kandidaten – die absolute Mehrheit reicht.

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