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Das Ministerium von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gerät immer weiter unter Druck.

© Michael Kappeler/dpa

Spahns Ministerium zahlte sieben Milliarden Euro: Rechnungshof rügt Masken-Beschaffung als „unwirtschaftlich“

Der Bundesrechnungshof kritisiert die Beschaffung von Schutzausrüstung durch das Gesundheitsministerium scharf. Der Prüfbericht liegt dem Tagesspiegel vor.

Der Bundesrechnungshof hat die Beschaffung von Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) durch das Bundesgesundheitsministerium von Minister Jens Spahn in der ersten Pandemiewelle scharf kritisiert. In einem Prüfbericht rügte er „das Fehlen einer systematischen Mengensteuerung“ bei der Beschaffung von partikelfiltrierende Halbmasken (PfH) und medizinische Mund‐Nasen‐Schutzmasken (MNS).

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Die vertraglich gesicherten Mengen stünden „in einem eklatanten Missverhältnis zu der Bedarfsermittlung bzw. den Auslieferungen an Länder und KVen“. Der Prüfbericht ist an den Haushaltsausschuss adressiert und liegt Tagesspiegel Background vor.

Die Haushaltsverpflichtungen aus den PSA‐Lieferverträgen hätten sich in den Jahren 2020 und 2021 auf fast sieben Milliarden Euro belaufen. „Der Mitteleinsatz war hier nicht nur ineffizient, weil die PSA vielfach bis heute nicht zur Pandemiebekämpfung eingesetzt wurde“, heißt es in dem Bericht.

„Die Beschaffungen weit über den dringlichen Bedarf hinaus begegnen auch vergaberechtlichen Bedenken. Zudem war es unwirtschaftlich, mittel‐ und langfristige Bedarfe in freihändigen Vergaben in einer globalen Hochpreisphase zu decken.“ Damit spielen die Prüfer unter anderem auf das aus dem Ruder gelaufene Open-House-Verfahren an. Allein die Kosten aus diesem Verfahren belaufen sich laut Bericht auf 6,4 Milliarden Euro.

BMG führt immensen zeitlichen Druck als Grund an

Das Bundesgesundheitsministerium verwies in einer Stellungnahme, die dem Prüfbericht beigefügt ist, auf den „immensem zeitlichen Druck zur Deckung des plötzlichen und gleichzeitig eintretenden weltweiten Bedarfs an PSA in so in Deutschland zuvor nicht dagewesenen Mengen“. Dennoch habe man Vorkehrungen für „eine möglichst präzise Bedarfsermittlung“ unternommen. So seien Anfang März 2020 für einen Zwölf‐Monats‐Zeitraum ein Bedarf von 4,71 Milliarden Schutzmasken (PfH und MNS) errechnet worden.

Der Bundesrechnungshof kritisiert jedoch, dass ihm „trotz mehrfacher Anforderung über Monate keine Unterlagen einer vermeintlichen Ausrichtung der Beschaffung an Mengen von bis zu 5 Mrd. Schutzmasken“ vorgelegt wurden – und dass die nun vorgelegte Berechnung „auf sachfremden und unrealistischen Annahmen“ beruhe.

Das BMG hätte etwa nicht berücksichtig, dass im Gesundheitswesen viele Aufgaben heruntergefahren wurden. Zudem sei Personal berücksichtig worden, dass „zu keiner Zeit vom BMG mit Schutzmasken zu versorgen war – weder zur akuten Krisenbewältigung noch zur Deckung eines kompletten Jahresbedarfs“. Außerdem hätten die vom BMG letztendlich beschafften 5,8 Milliarden Masken den eigenes errechneten Bedarf noch um 23 Prozent überstiegen.

Implizit rügte der Bundesrechnungshof auch noch die Ankündigung des Aufbaus der Nationalen Reserve Gesundheitsschutz (NRGS) als Versuch, die chaotische PSA-Beschaffung zu legitimieren. „Die Konzeption der NRGS muss darauf abzielen, die künftige Pandemievorsorge effizient zu gestalten, und darf nicht dazu dienen, in der akuten Krise getroffene Entscheidungen bei der PSA‐Beschaffung zu rechtfertigen bzw. auf Dauer fortzuschreiben“, schreiben die Prüfer:innen.

Daniel Böldt

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