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Jens Maier, hier noch im Bundestag. In Dippoldiswalde arbeitet er wieder als Richter.

© Imago/Christian Ditsch

Rechter AfD-Politiker Maier wieder als Richter im Dienst: Dippoldiswalde hat Schlimmeres überlebt

Ein Rechtsextremer ist bald an einem sächsischen Gericht beschäftigt. Es wäre schön, ihn loszuwerden. Scheitert das, sollte es kein Drama sein. Ein Kommentar.

Vier Katastrophen hat das sächsische Städtchen Dippoldiswalde, von dort Wohnenden kosend Dipps genannt, bisher überstanden. Im 17. Jahrhundert wurde es zweimal von plündernden Söldnern angesteckt, im 19. Jahrhundert wütete erneut ein Brand. Zu Beginn des neuen Jahrtausends kam dann das Hochwasser ins Erzgebirge. Seit einer Woche gibt es neues Unheil. Deutschlands umstrittenster und daher mutmaßlich leider auch bekanntester Richter ist in das örtliche Amtsgericht eingezogen, der bekennende Rechtsextremist Jens Maier. Der Ex-AfD-Parlamentarier geht dort seinem erlernten Beruf nach.

Maiers Auslassungen waren unerträglich

Maiers Auslassungen als Politiker waren jenseits der Erträglichkeit. Es ist ein Gewinn für die politische Landschaft, dass er aus dem Bundestag geflogen ist. Juristisch hervorgetreten war Maier vor seiner Mandatszeit mit einer äußerungsrechtlichen Entscheidung. Vor sechs Jahren verfügte er auf Antrag der NPD eine Unterlassung gegen einen Politikwissenschaftler, der zutreffend behauptet hatte, die NPD plane rassistische Staatsverbrechen. Maier behandelte diese Ansicht fälschlich als Tatsachenbehauptung und nicht als die Meinung, die sie war. Es wird nicht Dummheit gewesen sein, sondern Parteilichkeit. Natürlich wurde der Beschluss später kassiert.

Ein Disziplinarverfahren läuft, eine Richteranklage wird geprüft

Die Wiederbeschäftigung Maiers wäre möglicherweise zu verhindern gewesen. Die Dinge sind kompliziert. Das Justizministerium möchte ihn in den Ruhestand versetzen, es läuft ein Disziplinarverfahren. Die Landtagsfraktion der SPD kam mit einem Gutachten um die Ecke, wonach man ihm von vornherein die Job- Rückkehr besser hätte untersagen sollen. Erwogen wird neben Gesetzesänderungen gegen künftige Wiederholungen auch eine Richteranklage beim Bundesverfassungsgericht, die erste in der Geschichte. Ein weiteres Gutachten dazu wird demnächst erstattet.

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Sämtlichen Vorhaben ist gutes Gelingen zu wünschen. Der Rechtsextremist in Richterrobe ist eine Schande für die Justiz. Andererseits zeigt die volle politische und medienöffentliche Konzentration auf diesen einen Maierfall, dass es einen zweiten oder dritten in vergleichbarer Kategorie nicht zu geben scheint. Und wenn es ihn geben sollte, dann sind die Richtenden als Scharfmacher bisher nicht auffällig geworden. In beiderlei Hinsicht wäre das ein erfreulicher Befund.

Wachsamkeit ist wichtig, Augenmaß auch

Wachsamkeit ist wichtig, Augenmaß auch. Insoweit ist ebenfalls erfreulich, dass der jetzt vorgestellte „Aktionsplan gegen Rechtsextremismus“ des Bundesinnenministeriums einstweilen hinter Erwartungen mancher zurückbleibt, die den öffentlichen Dienst gründlich durchleuchten wollen. Mit Gesinnungstests seiner direkt Untergebenen sollte der Staat umsichtig sein. Er könnte sonst als Dienstherr abschreckend wirken. In Dippoldiswalde wird man bis auf Weiteres mit Richter Maier fertig werden. Dippoldiswalde hat Schlimmeres überlebt.

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