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Früher in Rente. Verbesserungen bei der Altersversicherung soll es geben – allerdings nicht für alle: Nur wer 45 Beitragsjahre aufweisen kann, soll nach den Plänen der Bundesregierung im Alter von 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

© dpa

Rentenversicherung fehlen entscheidende Daten: Rente mit 63 derzeit nicht umsetzbar

Bei der Rente mit 63 tauchen unerwartet Probleme auf: Die Rentenversicherer wissen nicht, welcher Versicherte wann welche Leistung bezogen hat.

Für Andrea Nahles war es ein Kraftakt: Damit das Rentenpaket der großen Koalition wie versprochen zur Jahresmitte in Kraft treten kann, musste die neue Arbeitsministerin in gerade mal vier Wochen einen Gesetzentwurf erarbeiten. Seit ein paar Tagen liegen die Vorschläge der SPD-Politikerin nun auf dem Tisch – und schon tun sich größere Probleme auf. Schwierigkeiten bei der Umsetzung bereitet ausgerechnet das zentrale Rentenversprechen der SPD: die abschlagsfreie Rente mit 63. Bei einer internen Anhörung hatte die Deutsche Rentenversicherung darauf verwiesen, dass ihr für die politisch gewollte Reform entscheidende Daten fehlen.

Was ist das Problem?

Grundsätzlich sollen von der Regelung Versicherte profitieren, die 45 Beitragsjahre aufweisen können. Dabei seien auch Zeiten der Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen, heißt es im Koalitionsvertrag. Allerdings nicht unbegrenzt. Schließlich sollen nach dem Willen der Koalitionspartner vor allem diejenigen profitieren, die lange Zeit „malocht“ haben. Nahles hatte vorgeschlagen, nur Zeiten kürzerer Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen, in denen Arbeitslosengeld I bezogen wurde. Die frühere Arbeitslosenhilfe und das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) sollten außen vor bleiben.

Das Problem dabei ist: Die Rentenversicherer wissen nicht, welcher Versicherte wann welche Leistung bezogen hat. In der Stellungnahme für das Ministerium heißt es: „Auf der Grundlage der Daten, die bei den Rentenversicherungsträgern in den Versicherungskonten gespeichert sind, kann zwischen Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld und Zeiten des Bezugs von Arbeitslosenhilfe nicht differenziert werden.“ Vor 1978 seien Zeiten der Arbeitslosigkeit nur als Anrechnungszeiten erfasst, man wisse nicht, ob die Betroffenen überhaupt Geld erhielten. Und zwischen 1978 und 2001 wurde nicht vermerkt, ob Arbeitslosengeld oder -hilfe floss. Auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat diese Daten nicht. Die elektronisch erfassten Zeiten der Arbeitslosigkeit würden nach fünf Jahren gelöscht, weil sie dann für die Behörde nicht mehr erforderlich seien, erklärte eine Sprecherin.

Bei den Beratungen war auch erwogen worden, die anrechnungsfähigen Zeiten von Arbeitslosigkeit pauschal zu begrenzen, etwa auf fünf Jahre. Doch Experten hielten solche Grenzen für willkürlich. Die Differenzierung nach Kurz- und Langzeitarbeitslosigkeit sei besser mit der Rentensystematik zu vereinbaren. Wie eine Lösung aussehen könnte, ist offen. Bei den Landesversicherungsämtern lägen womöglich differenziertere Daten, ist zu hören. Die Antragsteller könnten ja auch den Nachweis mit eigenen Unterlagen erbringen.

„Wir werden weiter daran arbeiten.“

Nahles habe „den systematisch bestmöglichen Vorschlag“ vorgelegt, sagte SPD-Fraktionsvize Carola Reimann dem Tagesspiegel. Dadurch würden alle Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs gleich behandelt. In der Vergangenheit habe es schließlich „eine recht willkürliche unterschiedliche Behandlung gegeben, wann das Arbeitslosengeld eine Beitragszeit war und wann nicht“. Die fehlenden Daten erschwerten „natürlich eine systematisch sinnvolle Lösung“, sagte Reimann. „Aber wir werden weiter daran arbeiten.“

Die Arbeitgeber halten die abschlagsfreie Rente mit 63 für grundsätzlich falsch. Und wenn man sie schon einführe, müsse man wenigstens Zeiten der Arbeitslosigkeit außen vor lassen, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Alexander Gunkel. Die Linkspartei und Teile der Gewerkschaft sehen es gerade andersherum. Bei der Rente mit 63 sollten sämtliche Zeiten von Arbeitslosigkeit mitberücksichtigt werden, fordern sie. „Das löst nicht nur das Datenproblem, sondern auch die soziale Schieflage“, sagte der Linken-Politiker Matthias Birkwald.

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