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Risse im Netz: Pakistan sperrt Youtube nach Protesten gegen US-Film

Der islamfeindliche Film „Innocence of Muslims“ ist im Internet, etwa bei Youtube, weiterhin zugänglich - nur nicht überall. Wie viel Meinungsfreiheit verträgt das Netz – und wie viel Zensur?

Die pakistanische Regierung hat nach gewaltsamen Protesten mit mindestens zwei Toten gegen den islamfeindlichen Film „Die Unschuld der Muslime“ den Zugang zur Videoplattform Youtube gesperrt. Die Sperrung der Internetseite sei von Regierungschef Raja Pervez Ashraf angeordnet worden, erklärte dessen Büro am Montag. Youtube habe sich zuvor geweigert, das Video von seiner Seite zu nehmen. Bei dem Versuch, die Seite anzusteuern, erschien die Mitteilung, Youtube werde wegen „unanständigen“ Materials“ von der Telekommunikationsbehörde blockiert.

Das Mohammed-Video hat den Internet-Videodienst Youtube in Bedrängnis gebracht. Der Internetkonzern Google, dem Youtube gehört, sperrte den Zugang zu dem Video in Ägypten, Indien, Indonesien, Libyen und Malaysia, in Afghanistan ordnete die Regierung eine Teilblockade von Youtube an. Man habe lokalem Recht entsprechen wollen, ohne sich dabei politischem Druck zu beugen, betonte das Unternehmen. Entsprechend sei die Aufforderung des US-Präsidialamtes, das Video auch in den USA zu sperren, mit dem Verweis auf die dortige Freiheit der Rede abgelehnt worden. Auch Russlands Staatsanwaltschaft kündigte an, sie wolle die Verbreitung des Films verbieten lassen.

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Für das weltweit agierende Google-Tochterunternehmen ist diese Vorgehensweise an sich nicht ungewöhnlich. In Deutschland wird unter anderem der besondere Jugendschutz und der Volksverhetzungs-Paragraf des Strafgesetzbuches berücksichtigt, der Nazi-Propaganda unter Strafe stellt. Um die schwelenden Konflikte nicht zu verschärfen, hat Youtube in Libyen und Ägypten das Mohammed-Video „vorübergehend eingeschränkt“. Insofern stellt das Video des Hasspredigers eine Ausnahme dar, wie Mounira Latrache, Pressesprecherin von Youtube Deutschland, dem Tagesspiegel bestätigte. In diesem Fall war die normative Kraft des Faktischen offensichtlich ebenso stark wie Recht und Gesetz – oder die im Jahr 2007 von Youtube selbst vorgegebenen Richtlinien. Demnach werden Hass-Reden, Aufrufe zur Gewalt, Gewalt verherrlichende Videos oder Filme, die Menschen ausgrenzen, von Youtube nicht geduldet und komplett von den Servern entfernt. Zuvor muss Youtube aber Kenntnis von dem Video erhalten haben. Zumeist geschieht das, indem die Nutzer auf eine kleine Flagge unter dem Video klicken und damit den Inhalt als „unangemessen“ melden. „Ein Team von Mitarbeitern, die die Rechte und Gesetze der jeweiligen Länder kennt, schaut sich die eingehenden Meldungen rund um die Uhr an“, sagte Mounira Latrache.

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Das Mohammed-Video gehöre nicht in diese Kategorie. „Dieses Video, das mannigfaltig im Web verfügbar ist, ist eindeutig konform mit unseren Richtlinien und wird daher weiterhin auf Youtube bleiben“, erklärte Latrache.

Technisch stellt die regional begrenzte Sperrung keine Hürde dar. Über die IP-Adresse können die Nutzer sehr genau nach Ländern eingeordnet werden. Wie erfolgreich Youtube bei der Sperrung von Inhalten sein kann, zeigt sich im Fall der Gema. Weil sich die internationale Videoplattform und die deutsche Rechte-Verwertungsgesellschaft seit Jahren über die Entlohnung der Künstler streiten, endet der Aufruf vieler aktueller Songs bei Youtube mit dem Hinweis „Dieses Video ist in deinem Land nicht verfügbar“.

In der Praxis gelingt es jedoch nicht immer, den Gesetzen, Regeln und Richtlinien Geltung zu verschaffen. Aktuell werden pro Minute 72 Stunden neues Videomaterial auf die Server der Videoplattform geladen. Sowohl alte Propaganda-Filme wie Leni Riefenstahls „Triumph des Willens“ sind nach wie vor via Youtube zu finden, ebenso Hass-Songs von Nazi-Rockgruppen wie „Frontalkraft“. Und auch so mancher Gema-Song ist nach wie vor abrufbar. (mit afp)

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