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Europarats-Abgeordnete in Berlin bei einer Aktion gegen sexuelle Belästigung in Parlamenten.

© Parlamentarische Versammlung des Europarats

Sanktionen gegen Russland: Warum ein russischer Politiker trotz Einreiseverbot nach Berlin kam

Der russische Abgeordnete Leonid Sluzki hat Einreiseverbot in der EU. Dennoch diskutierte er nun in Berlin über Maßnahmen gegen Einflussnahme auf Wahlen.

Mit Reisen von Politikern kennt sich Leonid Sluzki aus. Zur Präsidentenwahl in Russland im März 2018 organisierte der russische Abgeordnete einen Besuch von Beobachtern aus mehreren europäischen Ländern. Aus Deutschland waren Bundestagsabgeordnete der AfD angereist. Die Gäste bescheinigten ihren Gastgebern, bei der Wahl habe es keine Unregelmäßigkeiten gegeben. Zuvor hatte Sluzki französische Politiker auf die von Moskau annektierte Halbinsel Krim eingeladen.

Sluzki gehört den rechtsextremen Liberaldemokraten an, seine Partei wird vom Kreml als so genannte „Systemopposition“ geduldet. In der russischen Staatsduma leitet er den Auswärtigen Ausschuss. Besonders interessiert ist er offenbar an Kontakten zu rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien in Europa. Im Januar 2018 traf er in Moskau den AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland und die Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch zum „informellen Gedankenaustausch“.

Mit den Gegenbesuchen ist es für Sluzki allerdings schwierig. Denn seit März 2014 hat er Einreiseverbot in der Europäischen Union. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses war einer der ersten Russen, gegen die nach dem Beginn des Ukraine-Krieges Sanktionen verhängt wurden.  Sluzki habe „den Einsatz der russischen Streitkräfte in der Ukraine und die Annexion der Krim aktiv unterstützt“, heißt es in der Begründung der EU.

In der vergangenen Woche ist Sluzki dennoch nach Berlin gereist. Er profitierte dabei von einer Ausnahmeregelung: Wer auf der Sanktionsliste steht, aber zu Treffen internationaler Organisationen in einem EU-Staat eingeladen ist, dem kann die Einreise gestattet werden. Sluzki nahm in Berlin an einer Ausschuss-Sitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates teil.

Die Organisation, die nicht mit der EU verwechselt werden darf, hat sich der Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechten in ihren 47 Mitgliedsstaaten verschrieben. Nach Russlands Intervention in der Ukraine hatte auch die Versammlung des Europarats Sanktionen verhängt und den russischen Parlamentariern das Stimmrecht entzogen. Doch im Juni änderte der Europarat seine Regeln auf Verlangen Moskaus so, dass Abgeordnete künftig nicht mehr sanktioniert werden können. Die russischen Abgeordneten konnten in die Versammlung zurückkehren – einer von ihnen war Leonid Sluzki.

Diskussion unter dem Motto „Democracy hacked?“

In Berlin nahm er am 14. November an einer Sitzung des Europarats-Ausschusses für politische Angelegenheiten und Demokratie teil, die in einem Bundestagsgebäude stattfand. Die Parlamentarier besprachen, wie man faire und freie Wahlen sicherstellen kann und wie Zahlungen aus dem Ausland für politische Parteien und Wahlkämpfe reguliert werden sollten.

Unter dem Motto „Democracy hacked? How to respond?“ („Gehackte Demokratie? Wie antworten?“) ging es auch darum, wie sich Demokratien vor Hackerangriffen und Desinformation schützen können. Das Thema ist international seit der russischen Einmischung in den US-Wahlkampf 2016 auf der Tagesordnung. Was Sluzki in Berlin dazu zu sagen hatte, ist nicht bekannt.  

Am Rande der Sitzung machten die Teilnehmer ein gemeinsames Foto, um auf die Europarats-Kampagne „Nicht in meinem Parlament“ aufmerksam zu machen, die sich gegen Sexismus und sexuelle Belästigung in Europas Parlamenten wendet. Das Thema hatte im vergangenen Jahr auch in Russland Schlagzeilen gemacht - Anlass dafür war Sluzki. Mehrere Frauen hatten ihm sexuelle Belästigung vorgeworfen.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Textes wurde Leonid Sluzki in der Bildunterschrift irrtümlich falsch identifiziert. Er nahm an der Sitzung teil, ist aber nicht auf dem Foto zu sehen.

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