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Gemeinsame Sache – der saudische Kronprinz bin Salman (l.) und bin Zayed, Thronfolger der Emirate.

© imago/Xinhua

Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate: Das neue Power-Duo im Nahen Osten

Die Thronfolger Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate bilden ein machtvolles Duo, das sich anschickt, die Region grundlegend zu verändern.

Vor einigen Tagen nahm sich Donald Trump ein wenig Zeit, um mit einem Kronprinzen im Nahen Osten über die Weltpolitik zu plaudern. Doch der US-Präsident sprach nicht etwa mit dem saudischen Thronfolger Mohammed bin Salman, sondern mit Mohammed bin Zayed al Nahyan, dem De-facto-Herrscher der Vereinigten Arabischen Emirate. Trump und der Prinz, genannt MBZ, unterhielten sich über die Lage in der Region und den Konflikt in Libyen, in dem die Emirate eine wichtige Rolle spielen.

Das Gesprächsinteresse des amerikanischen Präsidenten kommt nicht von ungefähr: Obwohl MBZ auf den ersten Blick nur der Herrscher eines Mini-Staates mit nicht einmal zehn Millionen Einwohnern ist, zählt er zu den einflussreichsten Männern in der arabischen Welt. Zusammen mit dem saudischen Kronprinzen, der meist MBS genannt wird, bildet Mohammed bin Zayed eine Art Power-Duo, das sich anschickt, die Region grundlegend zu verändern.

Der 59-jährige MBZ gilt als Mentor des mehr als 20 Jahre jüngeren MBS. Der mächtigste Mann der Emirate lieferte auch das Vorbild für die Vision des saudischen Kronprinzen für sein Land: Als Golfstaat, der sich von der Abhängigkeit vom Öl befreien und Investoren aus der ganzen Welt anlocken will, sind die Emirate wesentlich weiter als das benachbarte Königreich. Dubai, die größte Stadt der Emirate, ist ein Zentrum des internationalen Handels, Flugverkehrs sowie Finanzsektors. Letzte Woche schossen die Emirate die erste arabische Mars-Sonde ins All.

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Auch politisch haben sich die Emirate unter MBZ zu einem überregional bedeutenden Akteur entwickelt. Die „New York Times“ nannte den Kronprinzen „den mächtigsten arabischen Herrscher“.

Mohammed bin Zayed, ein in Großbritannien ausgebildeter Hubschrauber-Pilot, hat die Streitkräfte seines Landes mit teuren amerikanischen Waffen ausgerüstet. Er ist ein entschiedener Gegner der Muslim-Bruderschaft, der ältesten Bewegung des politischen Islam. MBZ hält wie Saudi-Arabien und Ägypten die Muslimbrüder für eine elementare Gefahr für die jeweiligen Herrschaftssysteme.

Sein zweiter Hauptfeind ist der Iran. Enge Beziehungen zu Trump sind für Mohammed bin Zayed eines der Mittel, um seine Ziele zu erreichen. Der Kronprinz mischt nicht nur in Libyen mit. Auch im Jemen, Syrien, Somalia und im Golf-Disput mit dem Emirat Katar sind die Emirate aktiv. Seine Politik macht MBZ zu einem Gegner der Türkei, die neben Katar die wichtigste Verbündete der Muslimbrüder ist.

Folglich stehen die Emirate und die Türkei zum Beispiel im Libyen-Konflikt auf gegnerischen Seiten. Ankara hilft der international anerkannten Regierung in Tripolis, Mohammed bin Zayed will den Warlord und General Chalifa Haftar an die Macht bringen.

Die Wüstenmonarchie und ihr Prinz sind im Krisenmodus

Im Nahen Osten selbst bleibt der saudische Kronprinz bin Salman der wichtigste Partner von MBZ. Politische Beobachter schreiben dem älteren Thronfolger einen entscheidenden Einfluss auf die rasante Karriere des jungen saudischen Kronprinzen zu. Eigentlich war ein Vetter bin Salmans als nächster saudischer König vorgesehen. Der hatte zwar viele Freunde in den USA - doch mit dem einflussreichen Emirati Mohammed bin Zayed kam er nicht zurecht. Am Ende gewann dessen junger Schützling Mohammed bin Salman 2017 den Thronmachtkampf. MBZ hatte sein Ziel erreicht.

Für den ehrgeizigen, oft als ungestüm beschriebenen Mohammed bin Salman ist der väterliche Freund aus den Emiraten bis heute einer der wichtigsten Unterstützer. Und den benötigt der saudische Thronfolger auch. Denn die Wüstenmonarchie und mit ihr der Kronprinz sind im Krisenmodus.

Das liegt zum einen an der Pandemie. Es gibt fast 270 000 bestätigte Corona-Fälle, was das Land zu einem Hotspot in der Region macht. Nach einem Bericht der „New York Times“ sollen sich sogar 150 Prinzen infiziert haben, einige seien in kritischem Zustand.

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Die Pandemie führt zudem dazu, dass dem Königreich die Einnahmen wegbrechen. Schon seit Längerem ist der Ölpreis im Keller, Corona hat die Lage verschärft: Die Nachfrage nach dem Rohstoff war zeitweise drastisch gesunken. Zudem ist der lukrative Pilgerbetrieb fast zum Erliegen gekommen. Das reißt ein Milliardenloch in den Haushalt. Bin Salmans hochfliegende Pläne zum Umbau der Wirtschaft sind deshalb bis auf Weiteres gestoppt.

Zum anderen ist der saudische Thronfolger offenkundig in der eigenen Herrscherclique keineswegs unumstritten. In der Vergangenheit hat er mehrfach potenzielle Kontrahenten aus dem Weg geräumt. Erst im März ließ er hochrangige Familienmitglieder festnehmen. Der Einsatz der königlichen Garde wurde mit dem Vorwurf des Verrats begründet. Beobachter schließen nicht aus, dass bin Salman einer Palastrevolte zuvorkommen wollte.

Außenpolitisch läuft für das Prinzen-Duo ebenfalls nicht alles glatt. Der von ihnen angestoßene Boykott gegen Katar ist ein Misserfolg, denn das kleine Emirat konnte weder politisch noch wirtschaftlich in die Knie gezwungen werden. Der Krieg im Jemen ist eine humanitäre Katastrophe. Der Iran ist durch amerikanische Sanktionen zwar geschwächt, hat aber weiter großen Einfluss im Irak, in Syrien, im Libanon und in Jemen.

Zudem sind die Beziehungen zwischen MBS und MBZ mittlerweile auch nicht immer konfliktfrei. So zogen sich die Emirate aus dem Krieg im Jemen zurück und unterstützten südjemenitische Separatisten, sehr zum Ärger der saudischen Kriegskoalition. Auch ehrgeizigen Kronprinzen gelingt nicht alles.

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