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Die Fronten zwischen Richtern und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sind verhärtet.

© picture alliance/dpa/Robert B. Fishman

Scharfe Kritik an Buschmann: Richter wehren sich gegen Tonaufzeichnung von Strafprozessen

Die Strafjustiz solle zu einem „Experimentierfeld für nicht ausgereifte, aufwendige Digitalpläne werden“, rügt der Richterbund. Der Justizminister verteidigt seine Pläne.

Der Plan von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), die Hauptverhandlung eines Strafprozesses in erster Instanz an Land- und Oberlandesgerichten verpflichtend digital mitzuschneiden, wird von deutschen Richtern abgelehnt. Der Bundestag soll über das Vorhaben der Ampelkoalition erstmals am Donnerstagabend beraten.

Der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds, Sven Rebehn, kritisierte im Gespräch mit dem „Spiegel“ die geplante Dokumentationspflicht scharf: „Ausgerechnet die ausgezehrte Strafjustiz soll jetzt zu einem Experimentierfeld für nicht ausgereifte, aufwendige Digitalpläne werden“, sagte er.

Buschmann sagte dem Blatt: „Wenn ein Mensch um seine Freiheit, sein Eigentum und seinen guten Namen vor Gericht kämpft, hat er einen Anspruch darauf, dass man mögliche Fehlerquellen – so gut es geht – ausschließt.

Die menschliche Aufnahme- und Erinnerungsfähigkeit ist nun einmal begrenzt.

Marco Buschmann, Bundesjustizminister (FDP)

Von der besonders umstrittenen Videoaufnahme ist die Regierung allerdings inzwischen abgerückt, hierüber sollen künftig die Länder selbst entscheiden können. Doch an der Pflicht zur Tonaufzeichnung hält Buschmann fest.

Wie der „Spiegel“ weiter schreibt, geht es bei dem Streit zwischen Buschmann und den Richtern sowie Staatsanwälten vordergründig über Dinge wie den hohen Aufwand oder die mangelhafte technische Ausstattung der Gerichte. Aber auch über Datenschutz, Persönlichkeitsrechte von Richtern und Staatsanwälten oder über Probleme bei der geplanten automatisierten Transkription der Dateien.

Das Magazin verweist in seinem Bericht darauf, dass es in Deutschland in der Regel keine wortgetreuen Protokolle über die Strafprozesse an Land- und Oberlandesgerichten gibt. In komplizierten Steuer- oder Wirtschaftsstrafverfahren heuerten Beteiligte daher oft eigene Stenografen an.

Am Ende hänge es in Strafprozessen bislang meist von dem ab, an was sich die Richter erinnern oder aufgeschrieben haben. In Europa geben es einer Untersuchung von 2019 zufolge nur in Belgien und Griechenland ähnlich zu.

Die Fronten zwischen Buschmann und den Anwälten auf der einen Seite und den Richtern und Staatsanwälten auf der anderen Seite dürften vor allem deshalb so verhärtet sein, so das Blatt, weil viele den Mitschnitt als Misstrauensvotum gegenüber der Justiz interpretieren.

„Eine Pflicht zur Aufzeichnung beinhaltet den Vorwurf, die Richter machten ihre Arbeit nicht ordentlich“, sagte Martin Plum, CDU-Bundestagsabgeordneter, selbst Richter. „Dabei gibt es dafür überhaupt keine Belege.“

Buschmann weist den Vorwurf zurück, der Justiz zu misstrauen. „Nein, dafür gibt es auch keinerlei Grund“, sagt er. Dennoch verteidigte der Minister die geplante Dokumentation. „Die menschliche Aufnahme- und Erinnerungsfähigkeit ist nun einmal begrenzt.“ (lem)

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