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Der frühere BND-Präsident Gerhard Schindler.

© Kai-Uwe Heinrich

Saudi-Arabien-Politik: Schindlers Warnung vor Riad, ein Rauswurf in Berlin

Der damalige Chef des Bundesnachrichtendiensts hatte Kritik am Königshaus gezielt an die Öffentlichkeit gespielt. Dem Kanzleramt gefiel das nicht.

Deutliche Worte, scharfer Ton. Einer der wenigen hohen Amtsträger der Bundesrepublik, die frühzeitig vor dem damals neuen Regime unter König Salman gewarnt hatten, war der damalige Chef des Bundesnachrichtendiensts Gerhard Schindler. Im vertraulichen Kreis mit ausgesuchten Medienvertretern ließ er Anfang Dezember 2015 ein Papier verteilen, das mit Riads Führung hart ins Gericht ging: „Die bisherige vorsichtige diplomatische Haltung der älteren Führungsmitglieder der Königsfamilie wird durch eine impulsive Interventionspolitik ersetzt“, hieß es darin unter anderem.

Ein weitsichtiges Papier. Denn genau so ist es in den vergangenen drei Jahren gekommen. Was vor allem an Kronprinz Mohammed bin Salman liegt. Der heute 33-Jährige ist de facto zum starken, ja, allmächtigen Herrscher aufgestiegen – auch wenn formell sein Vater, König Salman, die Geschicke des erzkonservativen Landes leitet.

Die "Nebenaußenpolitik" wurde transparent

Sein Sohn setzt dabei nicht nur nach innen, sondern auch nach außen auf einen harschen Kurs. So führt er als Oberbefehlshaber im bitterarmen Jemen einen verheerenden Krieg gegen die Aufständischen Huthi – und will damit in erster Linie den Iran treffen, der in Riad als großer Rivale und Gegner gilt. Experten sehen in Saudi-Arabien längst keinen Stabilitätsanker mehr.

Schindler hatte sich damals gegen die Regierungslinie gestellt, die um gute Beziehungen zu Riad bemüht war. Besonders verärgert war man im Kanzleramt, wo man über den BND die Aufsicht führt. Erst unmittelbar vor dem diskreten Pressetreff am 1. Dezember hatte Schindler Bescheid gesagt, was er vorhat. Dass sein Vorstoß als unpassend angesehen würde, dürfte ihm klar gewesen sein. Neu war, dass Schindlers „Nebenaußenpolitik“ damals transparenter wurde, als es der Regierung lieb sein konnte. Nach außen sah es zwar so aus, als ob ein internes BND-Papier gewissermaßen zufällig durch Recherchen in die Öffentlichkeit gekommen sei. Tatsächlich aber war es eine gezielte Presseinformation, einzig und allein dafür geschrieben, von Journalisten verbreitet zu werden, ohne dass diese Absicht hervortreten sollte. Dies ist die Art, wie der BND Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben pflegt: Mit ausgewählten Journalisten, „im Hintergrund“. Nur im Ausnahmefall gibt es ein paar Sätze, die dann zitiert werden dürfen.

Der Vorfall gilt als Grund für die Ablösung

Der BND musste damals aber die Karten auf den Tisch legen, nachdem der Tagesspiegel ihn vor dem Bundesverwaltungsgericht auf Auskunft über Schindlers verdeckte Informationsarbeit verklagt hatte. Ende Januar 2016 wurden die geforderten Auskünfte erteilt, einschließlich Details zur späten Abstimmung zwischen BND und Kanzleramt. In Kreisen des Nachrichtendienstes gilt der Vorfall als ein wesentlicher Grund für die Ablösung Schindlers, die wenig später beschlossen und im Juni des Jahres vollzogen wurde.

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