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CSU-Chef Horst Seehofer.

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Update

Nach den Sondierungen: Seehofer weist SPD-Forderungen nach Nachbesserungen zurück

Teile der SPD fordern nach den Sondierungsgesprächen mit der Union Nachbesserungen. Vonseiten der CSU bekommt die Partei dafür viel Kritik - aber auch aus den eigenen Reihen.

CSU-Chef Horst Seehofer hat die Forderungen von Teilen der SPD nach Nachbesserungen am Sondierungsergebnis kategorisch zurückgewiesen. Es dürften nun nicht einseitig von den Sozialdemokraten Dinge aufgesattelt werden, die sie vorher nicht hätten durchsetzen können, sagte Seehofer am Montag vor einer CSU-Vorstandssitzung in München.

Der Chef der SPD-Nachwuchsorganisation, Kevin Kühnert, sieht in dem von SPD und Union vereinbarten Sondierungspapier zusätzliche Munition für seine Kampagne gegen eine Fortsetzung der großen Koalition. In dem Papier hätten "viele zentrale Ziele der SPD" nicht verankert werden können, sagte Kühnert am Montag. "Vorher hatten wir als Jusos bereits erhebliche Skepsis gegen eine mögliche große Koalition geäußert. Das lässt sich jetzt für uns einfacher begründen." Kühnert kritisierte, dass unter anderem die Forderung nach einer Bürgerversicherung im Gesundheitswesen nicht berücksichtigt worden sei. Das Sondierungspapier zeige auch "keinen Aufbruch in Richtung einer anderen Vermögensverteilung in Deutschland", eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes habe die Union "restlos zurückgewiesen". Im Gegenzug habe die SPD "sehr bittere Pillen" schlucken müssen, vor allem in der Asyl- und Flüchtlingspolitik.

"Für uns gilt der Vertrag, wir sind vertragstreu"

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer lehnt Nachverhandlungen zu den Sondierungsergebnissen zwischen Union und SPD ab. „Für uns gilt der Vertrag, wir sind vertragstreu“, sagte Scheuer am Montag vor einer CSU-Vorstandssitzung in München. „Unsere Aufgabe ist nicht, Mehrheiten innerhalb der SPD zu organisieren.“ Das müsse die SPD-Spitze um Parteichef Martin Schulz schon selbst machen, vor allem auf dem Parteitag am nächsten Sonntag. Scheuer betonte, in den mehrtägigen Sondierungen mit der SPD seien strittige Punkte auch hart verhandelt worden. Am Ende hätten die Verhandlungsführer aller beteiligten Parteien den Ergebnissen zugestimmt. „Dann gilt das auch.“ Das 28-seitige Papier sei die Basis für die weiteren Verhandlungen mit der SPD.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat sich von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und dessen Formulierung vom „Zwergenaufstand“ in der SPD distanziert. Er würde den Begriff nicht verwenden, sagte Laschet am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Jeder einzelne Delegierte auf einem Parteitag hat die gleiche Stimme, und da gibt es keine Riesen und keine Zwerge. Das sind Menschen, die entscheiden für ihre Partei - und das sollte man auch respektieren.“ Dobrindt hatte der „Bild am Sonntag“ gesagt, SPD-Chef Martin Schulz müsse jetzt zeigen, dass er „den Zwergenaufstand in den Griff bekommt“. Gemeint war offensichtlich der Versuch mancher Sozialdemokraten, ein Ja des SPD-Sonderparteitags am kommenden Sonntag zu Koalitionsverhandlungen zu verhindern.

Umfrage: Mehrheit der SPD-Wähler für Neuauflage der Groko

Die Mehrheit der SPD-Wähler hingegen scheinen für eine Fortsetzung der Großen Koalition zu sein. 56 Prozent der SPD-Anhänger fänden es gut, wenn es zu einer Neuauflage von Schwarz-Rot käme, ergab eine am Montag veröffentlichte Forsa-Umfrage im Auftrag der Mediengruppe RTL. Begeisterung löst die Aussicht darauf allerdings nicht aus. An den von Union und SPD verheißenen Aufbruch und eine Erneuerung der Gesellschaft glaube nur eine kleine Minderheit von acht Prozent, sagte Forsa-Chef Manfred Güllner. Die große Mehrheit sehe in einer neuen Groko eher eine Notgemeinschaft, weil andere Bündnisse derzeit nicht möglich seien. Von allen 1006 nach der Sondierung vergangene Woche befragten Wahlberechtigten sind 45 Prozent für eine große Koalition, 25 Prozent für eine Minderheitsregierung und 26 Prozent für eine Neuwahl.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer kommt zur Fortsetzung der Sondierungen von Union und SPD im Konrad-Adenauer-Haus.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles hat den Gegnern einer großen Koalition auch in der eigenen Partei vorgeworfen, dass Sondierungsergebnis „mutwillig“ schlechtzureden. „Da wird ein Ergebnis schlecht geredet von einigen, die egal, was wir verhandelt hätten, gegen die GroKo sind“, sagte Nahles am Montag im Deutschlandfunk. „Das akzeptiere ich nicht, da werde ich dagegenhalten.“

Ein SPD-Sonderparteitag wird am Sonntag darüber entscheiden, ob die SPD in Koalitionsverhandlungen mit der Union einsteigen wird. Sie könne als Sozialdemokratin mit einem guten Gefühl dafür werben, sagte Nahles.

Dagegen sprach sich die SPD-Linke Hilde Mattheis im ZDF-„Morgenmagazin“ gegen eine Neuauflage von Schwarz-Rot aus. „Es gibt keinen generellen Politikwechsel“, erklärte die Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende des SPD-Forums Demokratische Linke. Mit dem Sondierungsergebnis könne die Schere zwischen Arm und Reich nicht wieder zusammengeführt werden, auch zum Problem der Altersarmut enthalte das Papier keine Antworten.

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles eröffnet am 12.01.2018 im Reichstag in Berlin die Fraktionssitzung ihrer Partei.

© Soeren Stache/dpa

Nahles argumentierte, dass die SPD in den Sondierungen viele Erfolge erreicht habe, etwa die Absicherung des Rentenniveaus sowie die Rückkehr zur gleichteiligen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung. „Wir haben (bei der Bundestagswahl) 20,5 Prozent gehabt, und dafür haben wir sehr viel rausverhandelt“, sagte Nahles.

Carsten Schneider: "deutliche Verbesserungen" für viele Menschen

In der Diskussion um die Bewertung des Sondierungsergebnisses hat auch der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, seine eigene Partei zu Realismus aufgerufen. Das Resultat bedeute "deutliche Verbesserungen im Leben vieler Menschen", sagte er am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". Er sehe "kaum Negatives" in dem Ergebnis.

Unter anderem verwies er auf die Erhöhung des Kindergelds und die Stabilisierung des Rentenniveaus. Schneider verwies darauf, dass die SPD bei der Bundestagswahl im September ein Ergebnis von 20 Prozent erreicht habe. "Sie kann nicht damit rechnen, dass wir 100 Prozent unseres Wahlprogramms durchsetzen können." Dafür fehle ihr das Mandat. Er halte das Sondierungsergebnis für tragfähig: "Ich finde, damit kann man eine Regierung bilden."

Manuela Schwesig: Ergebnis sei gute Grundlage

In der SPD gibt es nach Abschluss der Sondierungen über eine große Koalition weiter Vorbehalte gegen ein Bündnis mit CDU und CSU. Am 21. Januar soll ein SPD-Sonderparteitag über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden.

Auch die SPD-Vizevorsitzende Manuela Schwesig mahnte ihre Partei zur Besonnenheit. "Wir haben in den Sondierungen ein gutes Ergebnis erreicht", sagte sie der "Rheinischen Post" (Montagsausgabe). "Wir haben zum Beispiel ein hervorragendes Bildungspaket vereinbart und Verbesserungen für Familien."

Zwar sei ihre eigene Skepsis - wie die der SPD-Basis - mit dem Abschluss der Sondierungen nicht automatisch verflogen, betonte Schwesig. Aber das Ergebnis sei eine gute Grundlage, um konkrete Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Bis zum Parteitag sei aber noch "viel Überzeugungsarbeit" nötig.

Auch der niedersächsische SPD-Parteichef und Ministerpräsident Stephan Weil äußerte sich zuversichtlich. "Es ist richtig, jetzt in Koalitionsverhandlungen zu gehen", sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Montag. Er sei zuversichtlich, "dass der Bundesparteitag am nächsten Sonntag in diesem Sinne entscheidet". Die Rückmeldungen von der Parteibasis in Niedersachsen seien "überwiegend positiv".
(dpa, AFP)

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