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Neue Strippenzieherin: Emily Büning ist neue Bundesgeschäftsführerin der Grünen.

© Kay Nietfeld/dpa

Neue Bundesgeschäftsführerin: Sie will bei den Grünen jetzt die Strippen ziehen

Die Parteilinke Emily Büning ist neue Bundesgeschäftsführerin der Grünen. Sie will die Partei professioneller und kampagnenfähiger machen.

In der Nacht vor ihrer Wahl streift Emily Büning durch die Tischreihen im Berliner Velodrom, dem Ort, von dem aus Techniker den Grünen-Parteitag in die Wohnzimmer der rund 800 Delegierten im ganzen Land übertragen. Mit Headset und einem Ablaufplan in der Hand eilt Büning zwischen Präsidium, Technik und Regie hin und her, beantwortet Verfahrensfragen, gibt Anweisung. Sie ist die Strippenzieherin im Hintergrund. Am Ende gelingt es – trotz Kampfabstimmung und Verspätung – das Programm über die Bühne zu bringen. Um 1:14 Uhr ist für Büning Feierabend.

17 Stunden später steht Büning nicht mehr neben, sondern auf der großen Bühne des Parteitags. So cool wie am Vorabend wirkt sie nicht mehr. Die Stimme etwas höher, die Hände etwas zittrig. Sie bewirbt sich als Bundesgeschäftsführerin der Grünen. In anderen Parteien nennt sich der Job Generalsekretär.

Acht Jahre hatte den Posten Michael Kellner inne, der als Parlamentarischer Staatssekretär ins Wirtschaftsministerium gewechselt ist. Büning will ihn beerben, um nicht mehr nur im Hintergrund die Fäden bei den Grünen in der Hand zu haben.

Büning hat sich gut auf die neue Aufgabe vorbereitet. Neun Jahre war sie organisatorische Geschäftsführerin der Grünen, kennt alle Abläufe in der Bundesgeschäftsstelle. Nachdem die 36-Jährige ihre Kandidatur bekannt geben hatte, gab es viel parteiinternen Applaus und keine Gegenkandidatur.

Sie gilt als gut vernetzt im linken Parteiflügel. Aus ihrer Zeit als Sprecherin der Grünen Jugend hat sie beste Verbindungen zu einflussreichen Linken in der Partei. Die neue Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Katharina Dröge, kennt sie aus dieser Zeit, ebenso den Finanzpolitiker Sven Kindler und Kreuzbergs neue Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann.

Büning erhält das beste Ergebnis aller Bewerber

Trotzdem zittern nun Stimme und Hände bei ihrer Bewerbung im Velodrom. Schon oft habe sie auf der Bühne gestanden, aber noch nie an diesem Pult, beginnt sie ihre Rede. Es ist eine neue Rolle für sie, aber auch ihre Partei muss sich in Regierungsverantwortung neu finden. „Wir wollen als Partei nicht die Brandung sein, die unseren Ministern ins Gesicht schlägt und auch nicht das stille Wasser ohne Bewegung. Wir wollen die Welle sein, auf der unsere Minister reiten“, sagt Büning.

Es wird ihre Aufgabe sein, die Grünen-Strukturen an das rasante Wachstum der vergangenen Jahre anzupassen. Auf 125000 Mitglieder hat sich die Partei zuletzt verdoppelt. Interne Umfragen ergaben, dass sie zu wenig eingebunden fühlen. Büning will Räume schaffen, in denen Mitglieder diskutieren und geschützt Kritik üben können, kündigt sie an. Die Grüne sollten der „Ort der Politikgestaltung“ sein. Am Ende erhält sie 88,3 Prozent Zustimmung – das beste Ergebnis aller Kandidaten im neuen Vorstand.

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Ob Büning schnell in ihre neue Rolle wächst, wird mitentscheidend für den Erfolg der Grünen sein. Als Parteimanagerin muss sie die Bundesgeschäftsstelle neu aufstellen. Nicht nur der alte Vorstand um Robert Habeck, Annalena Baerbock und Michael Kellner ist den Grünen abhandengekommen, auch die meisten Mitarbeiter sind gegangen. Büning wird mehr Zeit für strategische Fragen haben als die beiden neuen Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour, die nebenbei auch noch Bundestagsabgeordnete sind.

Ein erster Test dürften für Büning und den neuen Vorstand bereits die Landtagswahlen im Frühjahr sein. In Nordrhein-Westfalen liegt die Partei abgeschlagen hinter SPD und CDU, im Saarland ist der Landesverband tief zerstritten. Büning wird nach innen vermitteln und nach außen die Partei verkaufen müssen. Ein Defizit, das ihr bewusst ist und sie in ihrer Rede offen anspricht: „Wir müssen noch professioneller und kampagnenfähiger werden.“

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