zum Hauptinhalt
Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Vizekanzler Christian Lindner und Robert Habeck

© REUTERS/Axel Schmidt

Update

„Sind an Grenzen der Kompromissfähigkeit gegangen“: Wofür die Regierung im nächsten Jahr Geld ausgeben will

Lange hat die Ampel verhandelt, jetzt ist der Bundestag am Zug. Die meisten Ministerien bekommen mehr Geld, als der Finanzminister geben wollte. Doch ganz ist die Koalition ihre Geldsorgen nicht los.

Von Theresa Münch, dpa

Stand:

Wie eng es bei den Haushaltsverhandlungen zuging, macht Finanzminister Christian Lindner nochmal klar: „Wir haben keine Mühe gescheut, auch an die Grenzen der Kompromissfähigkeit innerhalb des Kabinetts heranzugehen“, sagt der FDP-Vorsitzende, als er den Etat für 2025 in Berlin vorstellt.

Kurz zuvor hat der mühsam erstrittene Entwurf die erste offizielle Hürde genommen: Er wurde im Bundeskabinett beschlossen, jetzt kann er an den Bundestag weitergeleitet werden.

Mehr als 480 Milliarden Euro will die Ampel-Regierung im nächsten Jahr ausgeben, fast ein Zehntel davon auf Kredit. Manche Ideen stehen allerdings weiterhin auf wackligen Beinen: Ob der Ampel-Plan trägt, wird noch verfassungsrechtlich geprüft. Ein Haushaltsbeschluss im Bundestag ist für Ende November vorgesehen.

Doch so schwierig das alles diesmal scheint, es könnte von künftigen Haushalten noch übertrumpft werden, warnt Lindner. „Erhebliche Anstrengungen liegen vor uns.“ Das gelte vor allem für den Etat 2028 mit einer außerordentlichen Planungslücke von rund 39 Milliarden Euro. Dann muss Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben ohne das Sondervermögen für die Bundeswehr erreichen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

„Über die Auflösung dieses Handlungsbedarfs werden wir in diesem Land reden müssen“, betonte Lindner. Nötig sei eine „politische Richtungsentscheidung“. Gemeint ist die Grundsatzfrage: höhere Steuern und Schulden, ja oder nein? Er selbst sei deshalb „sehr motiviert“, auch nach der nächsten Bundestagswahl Finanzminister zu sein.

Die wichtigsten Zahlen

Insgesamt hat der Etat ein Volumen von 480,6 Milliarden Euro. Das sind rund acht Milliarden weniger als in diesem Jahr. 78 Milliarden Euro weist das Finanzministerium als Investitionen aus - ein Rekordniveau.

Finanzminister Lindner plant dabei mit neuen Krediten in Höhe von 43,8 Milliarden Euro - ebenfalls etwas weniger als in diesem Jahr. Dieses Geld darf die Bundesregierung laut Grundgesetz trotz Schuldenbremse aufnehmen. SPD und Grüne hatten laut mit dem Gedanken gespielt, eine Ausnahme für höhere Kredite geltend zu machen, doch die FDP setzte sich durch.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Mehr Kredite sollen dagegen im laufenden Jahr aufgenommen werden: Das Kabinett brachte auch einen Nachtragshaushalt mit 11,3 Milliarden Euro zusätzlichen Schulden auf den Weg. Das ist auch mit Schuldenbremse möglich, weil die Konjunktur so schwach ist. Das Geld soll vor allem Mehrbedarfe bei der Förderung von Ökostrom und beim Bürgergeld auffangen und ausgleichen, dass weniger Steuereinnahmen reinkommen.

Die inhaltlichen Schwerpunkte

Die Ampel-Koalition will mit dem Haushalt für 2025 gleichzeitig die Wirtschaft wieder ankurbeln, Sozialleistungen erhalten und der angespannten internationalen Sicherheitslage gerecht werden. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bekommt zusätzliches Geld, so dass Deutschland die Nato-Quote von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts übertrifft. Bundespolizei, Bundeskriminalamt und andere Sicherheitsbehörden werden mit rund einer Milliarde Euro gestärkt.

Außerdem werden Familien durch ein höheres Kindergeld und einen höheren Kinderzuschlag für berufstätige Eltern mit geringen Löhnen unterstützt. Insgesamt sind für 2025 und 2026 steuerliche Entlastungen von etwa 23 Milliarden geplant, auch durch eine Anhebung von Freibeträgen bei der Lohn- und Einkommensteuer.

Kein Sparhaushalt

Wenn es um Verhandlungen geht, stellt sich Lindner gern als knallhart dar. Ein ausgeglichener Haushalt sei nur möglich, „indem wir den Appetit der Politik nach immer höheren Staatsausgaben bremsen“, sagte er in einem von seinem Ministerium veröffentlichten Video.

Seine Ministerkollegen müssten lernen, sich zu beschränken. „Die Hauptaufgabe war es, die einzelnen Ministerien auf den sogenannten Finanzplan zu bringen, also das, was vorab schon geplant war an Staatseinnahmen“, sagt Lindner.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Tatsächlich ist der Vergleich des Haushaltsentwurfs mit dem im vergangenen Jahr aufgestellten Finanzplan für 2025 aussagekräftig. Er zeigt: Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Lindner haben gar keinen so harten Sparhaushalt geschnürt. Fast alle Ministerien sollen letztlich doch mehr Geld bekommen, als ihnen im vergangenen Jahr zugesagt wurde.

Vor allem Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) darf mehr Geld ausgeben, ebenso Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Familienministerin Lisa Paus (Grüne) und Verteidigungsminister Pistorius. Selbst Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die sich in den Verhandlungen dem Vernehmen nach lange querstellte, bekommt über 500 Millionen Euro mehr als im Finanzplan vorgesehen.

Andere müssen sich in etwa mit dem zufriedengeben, was Lindner ihnen schon im vergangenen Jahr zugestehen wollte: das Wirtschaftsministerium zum Beispiel, das Entwicklungsministerium und - mit einem kleinen Minus - das Bauministerium.

Kunstgriffe und entscheidende offene Fragen

Dass es keine großen Einsparungen gibt, bedeutet aber auch, dass für einen ausgeglichenen Haushalt Kunstgriffe nötig sind. So will Lindner Zinsausgaben haushaltstechnisch künftig anders verbuchen. Er hofft außerdem, dass durch ein Paket für mehr Wirtschaftswachstum, dessen Eckpunkte das Kabinett auch beschloss, rund sechs Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen reinkommen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Und dann ist da noch die sogenannte globale Minderausgabe von 17 Milliarden Euro. Damit wettet die Bundesregierung zum einen darauf, dass die Ministerien ohnehin nicht das gesamte Geld in dem Jahr ausgeben werden. Das Vorgehen ist durchaus üblich, die Summe aber sehr hoch.

In den 17 Milliarden sind aber auch acht Milliarden Euro enthalten, für deren Finanzierung die Bundesregierung schon eine Idee hat, die aber verfassungsrechtlich womöglich auf tönernen Füßen steht. So könnte unter anderem Geld, das die Aufbaubank KfW für die Gaspreisbremse nicht verwendet hat, an den Bundeshaushalt zurückfließen. Ob das wasserfest wäre, wird noch geprüft.

Genauso muss Lindner klären lassen, ob es wirtschaftlich sinnvoll wäre, Zuschüsse an die Deutsche Bahn und die Autobahngesellschaft durch Darlehen zu ersetzen. Diese würden nicht auf die Schuldenbremse angerechnet - könnten sich aber womöglich auswirken, wenn die Unternehmen Geld am Kapitalmarkt aufnehmen wollen. Lassen sich die drei Ideen nicht umsetzen, müssten SPD, Grüne und FDP womöglich doch nochmal neu verhandeln.

Die oppositionelle Union hält das für zutiefst unseriös. „Mit Scheinlösungen versucht die Regierung, Handlungsfähigkeit vorzutäuschen“, kritisierte Haushälter Christian Haase. Dieser Haushaltsentwurf diene einzig dem Machterhalt der Ampel und sei „eine üble Mixtur aus Luftbuchungen, Tricks und haushaltsrechtlich fragwürdigen Praktiken“. (dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })