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Schwer unter Beschuss: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen

© dpa

Skandal um das Sturmgewehr G36: Jetzt muss ein Untersuchungsausschuss her

Mit der Ansage, das Gewehr G36 habe keine Zukunft mehr in der Bundeswehr, kann sich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nicht aus der Affäre ziehen. Allein das, was sie und ihr Vorgänger wussten oder nicht, was sie taten oder unterließen, ist einen Untersuchungsausschuss wert. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Wenn sie denkt, damit sei die Angelegenheit bereinigt, dann irrt sie sich, Ursula von der Leyen, die Verteidigungsministerin. Es ist doch vor allem Selbstverteidigung, dass sie jetzt sagt, das Sturmgewehr G36 habe in der Bundeswehr keine Zukunft mehr. Das soll wohl sein. Das hätte schon viel früher so sein müssen.

Immer wieder gab es Zweifel am G36. Die Wehrtechnische Dienststelle 91, der Bundesrechnungshof, Experten überall stellten die Tauglichkeit des Gewehrs infrage. Darauf hat keiner sofort reagiert, keiner gesagt: Beim geringsten Zweifel – ausmustern! Denn das höchste Gut ist, Leib und Leben der Soldaten zu schützen. Und das Gewehr gehört in diesem Beruf zum Handwerkszeug.

Die Soldaten müssen sich hier ganz unbedingt auf die Fürsorge ihres Ministers, ihrer Ministerin verlassen können. Und auf die ihrer hohen und höchsten Offiziere, des Generalinspekteurs und der Inspekteure der Teilstreitkräfte. Paragraf 12 Soldatengesetz, Pflicht zur Kameradschaft. Sich daran zu halten, gehört sich bis in die höchsten Ränge. Zum Handwerk gehört es sowieso.

Schon gar, wenn Deutschlands Sicherheit am Hindukusch oder sonst wo verteidigt werden soll. Da muss sich der Soldat hundertprozentig sicher verteidigen können. Man stelle sich vor: Angriff der Taliban, das Gewehr ist heiß geschossen, trifft nicht, trifft übrigens auch nicht mit den ersten Schüssen. Was tut der Soldat? Weglaufen? Ergeben warten? Soll er/sie dann sagen: Lieber Taliban, schau mich bitte nicht so böse an? Grotesk, das alles.

Sie haben es gewusst, oder wenn nicht, hätten sie es wissen können

Bei aller Freundschaft und aller Liebe, so wichtig Leyens Pläne für Kitas in Kasernen sein mögen, was nutzen sie, wenn Mama oder Papa nicht vom Einsatz zurückkommen? Das ist die Dimension, und vor dem Hintergrund wirkt das, was geschehen ist, beziehungsweise über Jahre nicht geschehen ist, wie organisierte Verantwortungslosigkeit. Jawohl, genau so.

Sie haben es gewusst, oder wenn nicht, hätten sie es wissen können, Thomas de Maizière und Ursula von der Leyen. Auch sie, Leyen. Noch einmal: Seit Jahren wird über die Schwächen des Gewehrs berichtet, öffentlich. Was die Minister wussten oder nicht, was sie taten oder unterließen, ob sie sich dafür interessierten oder nicht – das allein ist schon einen Untersuchungsausschuss wert.

Jetzt nur einmal angenommen, beide, de Maizière und Leyen, wussten wirklich von nichts, was würde das über sie aussagen? Dass sie ihr Haus nicht im Griff (gehabt) hätten. Denn dann würde klar: Die höchsten Militärs haben der politischen Spitze nicht gemeldet, was aus soldatischer Sicht überlebenswichtig ist. Und wenn diese Militärs, vom Generalinspekteur, dem obersten Soldaten und Chefplaner, angefangen, nichts gemeldet haben – dann wäre auch das ein Skandal. Haben die nichts gewusst, haben sie sich nicht interessiert. Schlimm. Wenn sie es aber gewusst und nichts getan haben: noch schlimmer. Grotesk, das alles. Wer soll da noch zur Bundeswehr gehen, soll sich und das eigene Leben solchen Leuten anvertrauen?

Sage keiner, hast du’s nicht ’ne Nummer kleiner. Nein! Denn es betrifft zwei, die sich Hoffnung auf Angela Merkels Nachfolge machen. Denen wäre dann das Wohl des ganzen Landes anvertraut.

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