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Privat oder gesetzlich? Vor allem für niedergelassene Ärzte macht das einen Riesenunterschied.

© dpa

So profitieren Ärzte vom dualen Gesundheitssystem: 12,5 Milliarden mehr durch Privatpatienten

Gäbe es nur noch gesetzlich Krankenversicherte, hätten Ärzte und Zahnmediziner enorme Einbußen. Eine aktuelle Studie beziffert den Mehrumsatz durch Privatpatienten auf 12,5 Milliarden Euro im Jahr.

Kein Wunder, dass sich die Ärztefunktionäre so vehement gegen eine Bürgerversicherung stemmen. Wenn alle Privatpatienten gesetzlich versichert wären, hätten die Leistungserbringer im Jahr 2014 insgesamt 12,45 Milliarden Euro weniger kassiert.

Zu diesem Befund kommt eine aktuelle Studie des Wissenschaftlichen Instituts der Privaten Krankenversicherer (PKV). Demnach kostete die gesundheitliche Versorgung der Privatversicherten im untersuchten Zeitraum insgesamt 32,36 Milliarden Euro. Wären all diese Patienten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gewesen, wären für sie lediglich 19,9 Milliarden Euro geflossen.

Niedergelassenen Ärzten bringen Privatpatienten gut doppelt so viel

Am meisten von den Privatpatienten profitierten die niedergelassenen Ärzte. Insgesamt erhielten sie im Jahr 2014 von der PKV 10,44 Milliarden Euro. Wären diese Patienten „nach den gleichen Vorgaben und Regularien wie in der GKV abgerechnet und versorgt“ worden, so Studienautor und WIP-Leiter Frank Wild, hätten sich die Ausgaben hier nur auf 4,45 Milliarden Euro belaufen.

Damit liegt der Mehrumsatz von Privatversicherten in der ambulanten Versorgung bei 5,99 Milliarden Euro – und damit deutlich höher als in allen anderen Leistungsbereichen. Wobei das Zusatzsalär auf den einzelnen Versicherten bezogen, sehr altersabhängig ist. Beträgt der Unterschied zwischen GKV- und PKV-Umsatz bei Acht- bis Zehnjährigen noch weniger als 100 Euro im Jahr, sind es bei den über 74-Jährigen mehr als 1400 Euro.

Bei Zahnärzten ist der Mehrumsatz prozentual am größten

Auf Platz Nummer Zwei der PKV-Profiteure folgen die Zahnärzte und -techniker. Ohne Privatpatienten hätten sie der Studie zufolge 3,22 Milliarden Euro weniger eingenommen – statt 4,83 Milliarden nur 1,61 Milliarden. Prozentual ist der Mehrumsatz hier am größten, was sich auch durch die starken Leistungseinschnitte für gesetzlich Versicherte in der zahnmedizinischen Versorgung erklärt.

Bei den sogenannten Heilmitteln, zu denen etwa Physiotherapie oder Logopädie zählen, liegt der Mehrumsatz bei einer Milliarde. Wenn die Arzneiversorgung der Privatversicherten den gleichen Steuerungs- und Regulierungsinstrumenten unterworfen wäre wie in der GKV, wären 830 Millionen Euro weniger ins System geflossen. Und in den Krankenhäusern, dem mit Abstand größten Kostenblock, betrug der Mehrumsatz durch Privatpatienten 690 Millionen. Wären die Privatpatienten hier gesetzlich versichert gewesen, hätten die Ausgaben in diesem Sektor statt 8,88 nur 8,19 Milliarden Euro betragen.

In Krankenhäusern ist der Unterschied nicht so groß

Dass die Ausgaben in den Kliniken nicht so stark differerieren wie in Arztpraxen, ist nach Angaben des Studienautors darauf zurückzuführen, dass das Abrechnungssystem in den Krankenhäusern für PKV- und GKV-Versicherte das gleiche sei. Teurer werde es hier nur durch gesonderte Leistungen wie etwa Chefarztbehandlungen.

Bei niedergelassenen Ärzten beruhe der Kostenunterschied vor allem auf der höheren Abrechnungsmöglichkeit für gleiche Leistungen. Gleichzeitig gebe es dort aber auch einen etwas höheren Leistungsumfang für Privatpatienten. Das betreffe insbesondere neue Verfahren, bei denen es länger dauere, bis sie im GKV-Leistungskatalog aufgenommen seien.

Im Jahr 2006 lag der gesamte Mehrumsatz der Privatversicherten noch bei 9,69 Milliarden Euro. Er ist damit binnen acht Jahren um 28,5 Prozent gestiegen. Der Betrag, der dem deutschen Gesundheitswesen durch die Existenz der PKV zusätzlich zufloss, erhöhte sich in diesem Zeitraum um 2,76 Milliarden Euro.

Beleg für oder gegen die Bürgerversicherung?

Für die PKV ist die Studie der Beleg dafür, dass das Gesundheitssystem ohne die Zusatzeinnahmen durch Privatpatienten finanziell weit schlechter da stehen würde, womöglich sogar unterfinanziert wäre. Auf diese Weise profitierten auch die gesetzlich Versicherten von dem Doppelsystem.

Allerdings stärkt der Ausgabenvergleich gleichzeitig die Argumentation der Bürgerversicherungs-Befürworter, die betonen, dass gesetzliche Kassen deutlich kosteneffektiver arbeiten. Und in der aktuellen Debatte um die Beamtenversorgung ist man auch schnell bei der Frage, warum die Steuerzahler derart happige Kostenaufschläge über die Beihilfe mitbezahlen sollen.

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