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Antreten zum Anfassen? Über Handschläge als Zeichen des Frauenrespekts in der Bundeswehr wird gestritten.

© Ralf Hirschberger/dpa

Soldaten-Entlassung wegen Handschlag-Weigerung: Niemand ist gezwungen, eine Frau anzufassen

Ein Muslim klagt in Karlsruhe, weil die Bundeswehr ihn gefeuert hat. Bisher ergangene Urteile liegen neben der Sache, um die es geht: Freiheit. Ein Kommentar.

Schon die Römer liebten das Händeschütteln, der DDR-SED-Sozialismus tat es auch. Nur die Nazis hoben lieber den Arm. Insoweit ist nachvollziehbar, dass ein sich im Ruhestand befindender Innenminister das Grüßritual vor zwei Jahren in den Katalog unverzichtbarer deutscher Leitkultur aufgenommen hat. Wir geben uns die Hände. Wir zeigen Gesicht. „Wir sind nicht Burka“.

Nun, auch solche, die nicht Burka sind, geben sich nicht immer die Hand. Die in muslimischen Ländern verbreitete Geste, die rechte Hand zum Herzen zu führen, lässt sich auch in der Bundesrepublik beobachten. Die religiöse Ableitung ist etwas schwierig. Es heißt, auch der Prophet habe nie die Hand gereicht. Die ausgestreckte Hand unberührt zu lassen, gilt hier dagegen als Sittenverstoß. Mehr noch: Als Beleidigung.

Extremisten gehören nicht in den Wehrdienst

Aber als verfassungsfeindlicher Extremismus? Das Thema Handschlag hat es zu steiler Justizkarriere geschafft, seit die Bundeswehr meinte, einen Soldaten deswegen entlassen zu müssen. Extremisten und andere Fanatiker, nur um dies klarzustellen, gehören nicht in den Wehrdienst. Doch gegen den Soldaten, der jetzt vor dem Bundesverfassungsgericht klagt, lag sonst wenig Greifbares vor. Und dies auch nur, weil der Mann erzählte, aus Prinzip niemandem die Hand zu geben. Beleidigte Kameradinnen oder Kameraden hatten sich keine gemeldet.

Der Mann macht Kameradschaft kaputt, sagen die Gerichte

Die Verwaltungsgerichte in Rheinland Pfalz haben dem Soldaten daraus einen Strick gedreht. Da er niemandem die Hand schüttelt, schüttelt er Frauen nicht die Hand. Da er Frauen nicht die Hand schüttelt, missachtet er sie. Und da er Frauen missachtet, stellt er sich gegen die demokratische Ordnung; darüber hinaus macht er die Kameradschaft kaputt und ruiniert das Ansehen der Truppe. So einer muss raus, und zwar sofort.

Man wünschte, die Bundeswehr hätte keine anderen Probleme als Soldaten, die keine Hände schütteln mögen...

schreibt NutzerIn achsonadann

Soweit bekannt, zählt der Handschlag nicht zum Kernbestand soldatischen Salutierens. Außerdem gibt es muslimische Frauen, die ihn Männern verweigern. Ein Mangel an Respekt? Die Missachtung männlichen Geschlechts? Unter orthodoxen Juden wird der Gruß ebenfalls skeptisch gesehen – hoffentlich verirrt sich keiner in die Bundeswehr. Hindu-Traditionalisten stehen übrigens auf Doppel-Handschlag, leider nur unter Männern. Müssten die gefeuert werden?

Muslime sollten lieber alle Hände ergreifen

Leitkultur ist eine feine Sache, und wenn Muslime in diesem Land diskriminierungsfrei leben möchten, ist ihnen anzuraten, alle Hände zu ergreifen, die sich ihnen bieten. Andererseits wird der Freiheit ein schlechter Wehrdienst erwiesen, wenn Grußförmlichkeiten zum Entlassungsgrund herangezogen werden können. Egal ob in der Truppe oder außerhalb. Händeschütteln gehört zu den Kulturpraktiken, die besser ohne Gerichte verhandelt werden. Kein Mann sollte gezwungen werden, Frauen anzufassen. Und andersherum erst recht nicht.

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