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Horst Seehofer (CSU), Olaf Scholz (SPD) und Angela Merkel (CDU) sitzen nebeneinander im Bundestag.

© imago/Metodi Popow

Sonntagsfrage: Die Volksparteien müssen Nähe zulassen

Die AfD zwackt den klassischen Volksparteien weiter Wähler ab. Um dem entgegen zu wirken, müssen sich Politiker auf allen Kanälen erklären. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Als Peter Müller noch für die CDU saarländischer Ministerpräsident war, forderte er mal 27 Prozent Mehrwertsteuer auf Luxusgüter. Auf ein Rennpferd zum Beispiel. Das schadete seiner Partei nicht direkt, weil er es gut erklärte. Aber es machte sie auch nicht beliebter, also ließ Müller davon ab. Damals konnte sich die CDU solche Sachen leisten. Heute steht die Partei inklusive CSU bei 27 Prozent und sucht jetzt ihrerseits nach Mehrwert, um gegenzusteuern. Was schwierig ist, denn beinahe alles, von dem sie in der Union denken, dass es beim Wähler verfangen könnte, scheint sie noch unbeliebter zu machen.

Keine Alternative ist, wie die AfD zu reden. Da gehen die Bürger wohl lieber direkt zum Original. So erklärt sich, zum Teil, dass die AfD inzwischen 16,8 Prozent in der jüngsten „Civey“-Umfrage erreicht. Der andere Teil ist, dass sich Wähler in Scharen, zu Hunderttausenden, von der SPD abwenden. Die Rechtspopulisten werden hier offenkundig insofern zur Alternative, weil sie mit einigem, was sie sagen, auf der Linken rauskommen.

Die AfD ist schon exakt auf einer Höhe mit der Sozialdemokratie; die Grünen liegen knapp dahinter. Diese Nivellierung gilt vor dem Hintergrund der Wirklichkeit, wie viele Bürger in Deutschland sie erleben, und die ist offenbar trister und angstbeladener, als es Regierungspolitiker wahrhaben wollen. Sonst sprächen sie anders und weniger über die Leute, die so denken, als mit ihnen. Da legen die Grünen im Übrigen mächtig vor - und deshalb kontinuierlich zu.

Alle Umfragen zeigen: Es müssen jetzt viel mehr Menschen mit ihren Wünschen, die sich vorrangig auf die Themen Mobilität, Sicherheit und Wohnen richten, wahrgenommen werden. Ansonsten wird es auf Bundesebene schwierig mit dem Konzept „Volkspartei“, und das nicht nur zahlenmäßig.

Viele Interessen auf einen Nenner zu bringen, ist eine Kunst; den Nenner zu finden, ist die davor liegende Aufgabe. Dafür lohnte es sich womöglich, die Republik als eine Art „Townhall“ zu verstehen. Was bedeutet, nach Beschlüssen im Parlament, gleich wo, nicht auf Distanz zu bleiben – den Luxus kann sich an den Zahlen erkennbar keiner mehr leisten –, sondern Nähe zuzulassen und sich auf allen Kanälen zu erklären. Und so auch Kritik abzufedern, ehe sie der eigenen Partei schadet. Wie früher Peter Müller als „Landesbürgermeister“. Ach ja, seine Nachfolgerin hieß Annegret Kramp-Karrenbauer. Vor einem Jahr erreichte sie mit der Saar-CDU 40,7 Prozent. Die heutige Generalsekretärin der Bundespartei ist im Volk beliebt. Nicht allein im Parteivolk.

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