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Schlechte Neuigkeiten für sein Volk hat Spaniens Premierminister Rajoy.

© dapd

Spanien: Der Kater nach der Fußball-Fiesta

Spaniens Premier Mariano Rajoy stellt im Parlament ein neues Sparpaket im Umfang von 65 Milliarden Euro vor. Seinen Landsleuten verlangt er damit viel ab.

Mehr Steuern und neue Einschnitte bei sozialen Leistungen, Arbeitslosengeld, Renten und im aufgeblähten Beamtenapparat: Mit einem neuen Sparpaket und dem Verkauf von Staatsunternehmen stemmt sich Spanien gegen seine tiefe Schuldenkrise. Mit dem Krisenpaket, welches der konservative Regierungschef Mariano Rajoy im Parlament vorstellte, soll die Staatskasse bis Ende 2015 um rund 65 Milliarden Euro entlastet werden. „Wir haben keine andere Wahl. Wir müssen Opfer akzeptieren und verzichten“, sagte Rajoy.

Spaniens Regierung kommt damit Forderungen der EU nach, welche den milliardenschweren Rettungskredit für die marode spanische Bankenbranche an tiefgehende Reformen sowie einen Abbau des staatlichen Schuldenbergs knüpft. Der Euro-Rettungsfonds hatte Spanien einen Notkredit von bis zu 100 Milliarden Euro zugesagt, um mehrere Geldhäuser, darunter die Großbank Bankia, vor dem Zusammenbruch zu bewahren. Die ersten 30 Milliarden Euro sollen bereits bis Ende Juli ausgezahlt werden.

Die neuen Sparbeschlüsse werden den Spaniern, von denen viele mangels Geld nicht in Urlaub fahren können, den Sommer weiter verleiden. Nun soll die Mehrwertsteuer von 18 auf 21 Prozent steigen, Beamten wird das Weihnachtsgeld gestrichen, Arbeitslose bekommen weniger Hilfe. Rajoy kündigte auch höhere Energiesteuern an und Einsparungen bei der Pflege- sowie der Rentenversicherung. Das Beamten- und Angestelltenheer im öffentlichen Dienst soll weiter reduziert und die Verwaltung rationalisiert werden.

Video: Rajoy will 65 Milliarden einsparen

Bereits Anfang des Jahres hatte Rajoy ein erstes Spar- und Steuerpaket in Höhe von annähernd 40 Milliarden Euro geschnürt, das aber bisher keine große Wirkung entfaltete. Die tiefe Finanz- und Wirtschaftskrise im spanischen Königreich fordert derweil immer mehr Opfer: 25 Prozent der aktiven Bevölkerung sind ohne Job, bei den jungen Spaniern steht jeder zweite auf der Straße, immer mehr Familien rutschen in die Armut. Ein Ende der wirtschaftlichen Talfahrt ist nicht in Sicht. Seit im Jahr 2007 Spaniens gigantische Immobilienblase platzte, geht es abwärts.

Wenn die Pessimisten recht behalten, wird auch Spanien bald unter den Euro-Rettungsschirm flüchten müssen. Das Königreich muss den Investoren inzwischen bis zu sieben Prozent Zinsen bieten, um neue Kredite zu bekommen, ohne die Spanien seine laufenden Kosten nicht bezahlen kann. Die Situation ist kritisch, gibt Ministerpräsident Rajoy zu. „Wir befinden uns in einem Teufelskreis, aus dem wir so schnell wie möglich heraus müssen.“ Spätestens im Herbst, heißt es intern, könnte Spanien pleite sein.

Die Euphorie auf Spaniens Straßen, die sich nach dem Sieg bei der Fußball-EM 2012 Anfang Juli breit machte, ist längst einer Katerstimmung gewichen. Demonstrationen gegen den Sparkurs lösten die Fußball-Feiern ab: Bergleute kämpfen für einen Erhalt ihrer unrentablen Kohleminen, Schüler wehren sich gegen Kürzungen im Bildungssektor, Ärzte wollen die Schließung von Krankenhäusern und Gesundheitszentren verhindern. Bürgerinitiativen besetzen Banken, Bedürftige üben sich im massenhaften Schwarzfahren.

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