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Nach den Hamsterkäufen. Ein Supermarkt in Athen am Samstag.

© AFP

Vor dem Griechenland-Referendum: Spekulationen über Kürzungen von Bankguthaben

Nach einem Bericht der "Financial Times" sollen Kürzungen bei den Guthaben das Überleben der griechischen Banken sichern. Die Regierung in Athen weist den Bericht zurück.

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Griechenland geht mit bangen Erwartungen in die Volksabstimmung über die Sparpolitik. Einen Tag vor dem Referendum an diesem Sonntag lösten Spekulationen über eine mögliche Kürzung von Bankguthaben zusätzliche Aufregung in der Bevölkerung aus. Die Regierung und die Banken traten den Befürchtungen entgegen, dass es aufgrund der dramatischen Finanzkrise des Landes zu Einschnitten bei den Guthaben kommen könnte. „Solche Pläne gibt es absolut nicht“, sagte die Präsidentin des griechischen Bankenverbandes, Louka Katseli, dem TV-Sender Skai. „Das Szenario einer Kürzung von Bankguthaben gehört in den Bereich der Fantasie.“
Nach den gescheiterten Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern gilt das Votum der Bevölkerung als wichtiges Signal für eine mögliche Wiederaufnahme der Gespräche und als Entscheidung über die Politik des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. Aber auch nach der Volksabstimmung können die Griechen nicht mit einer schnellen Rettung rechnen. Die Bundesregierung dämpfte am Freitag Hoffnungen der Linksregierung in Athen, zügig frische Hilfsgelder zu erhalten. Der Ausgang des Referendums ist nach Umfragen völlig offen.
Die britische Wirtschaftszeitung „Financial Times“ berichtete unter Berufung auf Bankkreise, die griechischen Geldinstitute erstellten Pläne, Kürzungen von wenigstens 30 Prozent bei Guthaben von mehr als 8000 Euro vorzunehmen. Dies solle im Rahmen einer Sanierung des griechischen Finanzsystems geschehen.

Das Athener Finanzministerium bezeichnete den Bericht als „Provokation“. Damit solle Einfluss genommen werden auf den Ausgang der Volksabstimmung. Griechische Bankkunden können derzeit an Geldautomaten nur 60 Euro pro Tag von Konten abheben. In der kommenden Woche droht den Banken nach Medienberichten das Geld ganz auszugehen.

Schäuble schließt "Grexit" nicht aus

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schloss ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone nicht aus. „Ob mit Euro oder vorübergehend ohne: Diese Frage können nur die Griechen selbst beantworten“, sagte er der „Bild“ (Samstag). Offensichtlich mit Blick auf die in jedem Fall fortbestehende EU-Mitgliedschaft der Griechen fügte er hinzu: „Klar ist auch: Wir werden die Menschen in Griechenland nicht im Stich lassen.“

Der griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis warf den Gläubigern „Terrorismus“ vor. „Was sie mit Griechenland machen, hat einen Namen – Terrorismus“, sagte Varoufakis der spanischen Zeitung „El Mundo“. „Was Brüssel und die Troika heute wollen, ist, dass das ,Ja’ gewinnt, damit sie die Griechen weiter erniedrigen können. Außerdem drohte er, eine Billion Euro würde verlorengehen, falls Griechenland pleitegehen sollte.

Die griechische Presse wertete das Referendum als einen der entscheidendsten Momente in der jüngsten Geschichte des Landes. „Ja zum Euro und Europa. Die Bürger halten die Zukunft des Landes in ihrer Hand“, titelte die Traditionszeitung der politischen Mitte, „To Vima“. Das Sprachrohr des regierenden Syriza-Linksbündnisses, „I Avgi“, titelte: „NEIN“. Regierungschef Alexis Tsipras werde durch ein Nein gestärkt werden und „binnen zwei Tagen“ ein Abkommen mit den Gläubigern abschließen, ist das Blatt überzeugt.

Steinmeier warnt vor Austritt aus der Euro-Zone

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte derweil vor den Folgen eines Austritts Griechenlands aus der Euro-Zone für die EU. „Selbst wenn wir eine solche Entwicklung finanz- und währungspolitisch bewältigen können, wäre das Signal eines ’Grexit’ an die Länder außerhalb der EU verheerend“, sagte er dem Tagesspiegel am Sonntag. China, Indien und die USA beobachteten genau, ob die Europäer die Krise meisterten oder daran scheiterten: „Europa würde in Teilen der Welt an Ansehen verlieren und Glaubwürdigkeit einbüßen.“
Das Verhalten der griechischen Regierung kritisierte Steinmeier scharf. Es sei „eine Mischung von Unerfahrenheit, Ideologie und radikaler Rhetorik, mit der die griechische Regierung Verhandlungen in die Sackgasse getrieben“ habe. Dabei sei „leider auf der Strecke geblieben, was dieser Kurs für die Menschen in Griechenland bedeutet“. Steinmeier sagte, nach einem „Nein“ beim Referendum werde es „keineswegs leichter, zu einem Kompromiss zu kommen. Im Gegenteil“.
Auch die deutsche Wirtschaft hofft auf eine Zustimmung bei der Volksabstimmung. „Unsere Hauptsorge ist: Was passiert nach einem ,Nein’ der Griechen“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer. (mit dpa/AFP)

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