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Politik: Start mit Hindernis

Bei den EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei dringt Zypern auf Einhaltung von Vereinbarungen

Dem Start der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei steht nichts mehr im Weg. Die 25 Außenminister der EU haben sich am Montag darauf verständigt, das erste der 35 Verhandlungskapitel mit der Türkei zu eröffnen. Das EU-Mitgliedsland Zypern hatte bis zuletzt die gemeinsame Entscheidung zum Start der Beitrittsverhandlungen blockiert. „Die Türkei hat seit mehr als einem Jahr keinen einzigen Schritt gemacht, um Zypern anzuerkennen. Das ist Vertrauensbruch,“ sagte der zyprische Außenminister George Iacovou am Montag zu Beginn des EU-Außenministerrats in Luxemburg. Erst als die österreichische EU-Präsidentschaft in einem fünften Anlauf eine Kompromissformel vorlegte, die gegenüber der Türkei einen schärferen Ton anschlägt, lenkte der Außenminister Zyperns ein. Nach der Einigung machte sich der türkische Außenminister Abdullah Gül auf den Weg nach Luxemburg.

Den Eklat haben die EU-Außenminister am Montag damit zwar vorläufig vermieden. Die Verhandlungen mit der Türkei können nun offiziell beginnen. Spätestens im Herbst droht aber die Krise. Wenn Ankara weiter die Umsetzung der Zollunion mit dem EU-Mitgliedsland Zypern verweigere und Seehäfen wie Flughäfen für zypriotische Schiffe und Flugzeuge sperre, dann droht der Abbruch der Verhandlungen. In ihrem Kompromiss vom Montag warnen die Europäer unmissverständlich: Wenn die türkische Regierung „ihre Verpflichtungen nicht vollständig“ umsetze, dann werde dies „den Fortschritt der Verhandlungen beeinflussen.“ In Brüssel verstärkt sich der Eindruck, dass in der Türkei der Reformwille erlahmt ist. Die Regierung sei dabei, einige der auf Druck der EU erreichten Reformen „nach und nach wieder einzukassieren,“ beklagen sich Beobachter. Die Meinungs- und Pressefreiheit drohen „erneut massiv eingeschränkt“ zu werden.

In Brüssel fürchtet man, dass Premierminister Recep Tayyip Erdogan, der sich Hoffnungen auf das Amt des Staatspräsidenten macht, bis zu den Wahlen im nächsten Frühjahr keinen Zentimeter nachgibt. Seine islamisch geprägte Regierung steuert auf allen Feldern – Zypern, Zollunion, Kurden, Leugnung des türkischen Völkermords an den Armeniern – einen Kurs der Härte. Offenbar will Erdogan seinen Wählern demonstrieren, dass er die nationalen Interessen der Türkei gegenüber der EU durchsetzen kann.

Die Türkei lehnt ein Junktim zwischen ihren EU-Verhandlungen und dem Zypernkonflikt strikt ab. Ankara betrachtete die Forderungen aus Nikosia als Versuch, die Türkei daran zu erinnern, dass Zypern als EU-Mitglied die Macht hat, die Türkei-Verhandlungen zu stoppen. Die EU dürfe sich solchen politischen Spielchen nicht fügen, warnte Erdogan. Andernfalls werde die Türkei ihre Haltung „grundlegend ändern“. In den vergangenen Jahren hatte die Türkei unter Erdogans Regierung im Zypernkonflikt eine neue Flexibilität gezeigt – damit dürfte es vorbei sein, wenn Nikosia die Verhandlungen mit der Türkei blockieren sollte. Dennoch wird in Ankara inzwischen eine Unterbrechung der Beitrittsverhandlungen wegen des Zypernproblems einkalkuliert.

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