zum Hauptinhalt
Julian Reichelt und Svenja Schulze in einer Bildmontage.

© dpa/Jörg Carstensen, Imago/Rüdiger Wölk, Montage: TSP

Exklusiv

Streit um Reichelt-Post zu Afghanistan: Ministerin Schulze lässt sich nichts bieten

Die Aussage „Entwicklungshilfe an die Taliban“ soll zulässige Kritik gewesen sein, urteilte das Landgericht. Dagegen legt Schulze jetzt Beschwerde ein.

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) geht weiter gegen eine Äußerung des früheren „Bild“-Chefredakteurs Julian Reichelt vor. Gegen einen Beschluss des Landgerichts Berlin, der die Aussage als zulässige Kritik einstufte, hat sie sofortige Beschwerde einlegen lassen.

Reichelt soll es demnach unterlassen, eine auf der Plattform X veröffentlichte „falsche Tatsachenbehauptung in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland“ zu veröffentlichen oder zu verbreiten.

In einem Post Ende August hatte Reichelt auf einen Bericht seines Portals „Nius“ hingewiesen, wonach Deutschland wieder Entwicklungshilfe für Afghanistan zahle, und dazu geschrieben:  „Deutschland zahlte in den letzten zwei Jahren 370 MILLIONEN EURO (!!!) Entwicklungshilfe an die TALIBAN (!!!!!!). Wir leben im Irrenhaus.“

Schulze sagt, Geld für Afghanen gebe es nur „regierungsfern“

Schulze begründet ihre Unterlassungsforderung damit, es fließe kein Geld an die islamistischen Machthaber, sondern man unterstütze die afghanische Bevölkerung ausschließlich „regierungsfern“ über die Weltbank, UN-Organisationen und Nichtregierungsorganisationen.

Das Gericht hat die Aussage des Herrn Reichelt nicht umfassend gewürdigt.

Ein Sprecher des Bundesentwicklungsministeriums zur Begründung der Beschwerde.

Das Landgericht Berlin hatte ihren Antrag kürzlich abgewiesen. Es stufte Reichelts Satz als Meinungsäußerung ein, die als eine „nicht dem Beweis zugängliche und überspitzte Kritik zu verstehen“ sei (Az.: 27 0 410/23).

Schulze wirft dem Gericht vor, Reichelts Worte „nicht umfassend gewürdigt“ zu haben. „Der Satz ,Deutschland zahlte in den letzten zwei Jahren 370 Millionen Euro Entwicklungshilfe an die Taliban’ ist in allen seinen Bestandteilen dem Beweis zugänglich und kann nicht als überspitzte Kritik verstanden werden“, erklärte ein Sprecher. Die vom Gericht herangezogene Rechtsprechung sei in dem Beschluss in ihr Gegenteil verkehrt worden, denn sie stütze die Rechtsauffassung des Ministeriums. Die Kammer stehe „damit sogar im Widerspruch zur eigenen Rechtspraxis“.

Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, muss das Kammergericht entscheiden. Schulzes Beharrlichkeit in der Sache darf als ungewöhnlich gelten. Bundesministerien gehen gegen journalistische Äußerungen nur selten vor. Ohnehin gelten für Behörden gesteigerte Anforderungen, wenn sie gegen aus ihrer Sicht falsche oder ehrenrührige Behauptungen in den Medien Unterlassungsforderungen durchsetzen wollen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false