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Tansanias neue Präsidentin Samia Suluhu Hassan bei ihrer Vereidigung.

© REUTERS

Tansanias neue Präsidentin: Besonnenheit statt Bulldozertum

Sie folgt auf den verstorbenen Coronaleugner John Magufuli. Wie Samia Suluhu Hassan ihr Heimat regieren will.

Mit weiblichen Regierungschefs ist Afrika nicht gerade gesegnet: Bislang regierten lediglich vier Frauen einen der 55 Staaten des Kontinents, zwei davon nur vorübergehend.

Auch Samia Suluhu Hassan, die vor zwei Wochen das höchste Amt in Tansania übernommen hat, fiel die Führungsposition eher zufällig zu, als Präsident John Magufuli überraschend im Amt verstarb.

Weil in Tansania erst vor wenigen Monaten gewählt wurde, kann die 61 Jahre alte Politikerin nun viereinhalb Jahre lang die Geschicke ihrer Heimat bestimmen: Nicht nur weil sie eine Frau ist, sondern weil sie die Nachfolge eines umstrittenen Staatschefs übernimmt, sind alle Augen auf die Sansibarin gerichtet.

Suluhu Hassan muss mit ihrer Führung praktisch bei Null anfangen – zum einen, weil ihr Vorgänger die Coronakrise nicht ernst genommen hat. Zum anderen, weil Magufuli bei seinem Amtsantritt 2015 seine Stellvertreterin aus Proporz-Gründen von der Chama Cha Mapinduzi (Partei der Revolution) aufgezwungen worden sein soll, heißt es.

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Die Entwicklungsökonomin gehört zwar der in Tansania seit 44 Jahren regierenden Partei der Revolution an, sie kommt jedoch vom Insel-Teilstaat Sansibar, der seit ewigen Zeiten ein gebrochenes Verhältnis zum Festland hat. Später gab das ungleiche Paar sogar selbst Differenzen zu.

Im Stil ganz anders als ihr Vorgänger

Zumindest in ihrem Stil könnten die beiden kaum unterschiedlicher sein. Magufuli, der sich als starrsinniger Corona-Leugner hervorgetan hatte, galt zu Hause als der „Bulldozer“. Und zwar nicht nur, weil er den Bau vieler Straßen und Eisenbahnen anregte – er pflegte auch seine politischen Gegner plattzumachen.

Dagegen werden der neuen Präsidentin Einfühlungsvermögen, Ruhe und Besonnenheit nachgesagt. Immerhin besuchte sie einst den Oppositionsführer Tundu Lissu im Krankenhaus, in das er nach einem angeblich von höchster Stelle aus angeordneten Attentat eingeliefert worden war.

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Magufuli begann seine Amtszeit fulminant. Er feuerte unfähige Staatsbeamte und sagte der Korruption den Kampf an. Außerdem handelte er mit ausländischen Bodenschatzkonzernen bessere Bedingungen aus und ließ von den Mehreinnahmen Krankenhäuser bauen.

Dass er gleichzeitig mit Kritikern immer schonungsloser umging, nahmen viele hin. Doch dann kam die Corona-Pandemie. Und der Versuch des wiedererweckten Christen, sie weg zu beten: Vermutlich erlag er Covid-19 schließlich selbst.

Suluhu Hassan kündigte nun am Dienstag an, sie werde anders mit der Pandemie umgehen. Sie wolle sich wissenschaftlich beraten lassen. Auch internationale Kooperationen stellte Suluhu Hassan in Aussicht: „Wir können uns nicht isolieren.“ Tansania sei schließlich keine „Insel“.

Bei Reisenden aus dem ostafrikanischen Land wurden Corona-Viren mit der weltweit höchsten Mutationszahl festgestellt. Noch immer werden keine Zahlen über die Ausbreitung der Pandemie im Land zur WHO nach Genf weitergegeben. Für eine Neuausrichtung der vielen umstrittenen Initiativen ihres Vorgängers mag der Präsidentin tatsächlich noch Zeit bleiben – im Umgang mit der Pandemie allerdings nicht.

Johannes Dieterich

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