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CDU-Fahnen vor der Parteizentrale

© dpa/Kay Nietfeld

Thüringen-Chaos und Führungskrise: Die CDU wird zunehmend zum Risikofaktor

Die CDU stand einst für Stabilität. Doch nun sucht sie neues Führungspersonal – und lässt zentrale strategische Fragen offen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Georg Ismar

Im Konrad-Adenauer-Haus geben sich die Kontrahenten um den CDU-Vorsitz die Klinke in die Hand, es wird viel spekuliert, debattiert und nach einem Ausweg aus der tiefen Krise gesucht. Aber die zentralen Fragen bleiben ungelöst. Vor allem der Fall Thüringen.

Schon bei der Münchner Sicherheitskonferenz zeigte sich der schwindende Einfluss der Noch-Vorsitzenden und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, sie wird weniger stark wahrgenommen. Was auch ein schlechtes Zeichen für die Bundeswehr sein kann, wenn es darum geht, deutliche Milliardenaufstockungen für eine Modernisierung der Truppe durchzusetzen.

Die CDU in Thüringen hat Angst vor Neuwahlen

Kramp-Karrenbauer war es, die scheiterte bei dem Versuch, rasche Neuwahlen in Thüringen durchzusetzen, dazu braucht es die Stimmen der CDU. Das führte letztlich zu ihrer Rückzugsankündigung, zu groß der Autoritätsverlust.

Nun ist die Lage noch verfahrener. Die Thüringer CDU lehnt es ab, auf den Vorschlag des Linken-Politikers Bodo Ramelow einzugehen, die frühere CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht zur Übergangs-Regierungschefin zu wählen. Weil man Angst vor den raschen Neuwahlen hat, die zu diesem Deal dazugehören. Denn da droht der CDU eine Halbierung auf zwölf bis 13 Prozent.

Die Demokratie wird beschädigt

Das Verhalten ist unverantwortlich, die Demokratie wird schwer beschädigt. Vor allem aber wird die einst für Stabilität stehende CDU zunehmend zum Risikofaktor. Dieser Partei sei sehr wohl bewusst, dass die Stabilität Deutschlands einen wichtigen Einfluss auf die Stabilität Europas habe, sagte Kramp-Karrenbauer in München.

In diesem Sinne kann sie die Dinge nicht weiter laufen lassen in Erfurt, zumal mit dem Koalitionspartner im Bund, der SPD, das Eintreten für rasche Neuwahlen verabredet worden ist. Die Krise von Landesverband und Bundespartei vermischen sich zu einer gefährlichen Melange, die CDU wirkt führungs- und orientierungslos.

Die Partei muss das Ausschluss-Dogma prüfen

Dringend muss die CDU klären, ob der Ausschluss jeglicher Kooperation mit der Linkspartei so noch zeitgemäß ist, oder ob es nicht einen neuen Beschluss braucht, hin zu mehr Flexibilität und Freiheit für die Landesverbände. Das Linken-Dilemma von Erfurt zeigt, dass es so nicht mehr funktioniert, nicht nur Lieberknecht ruft eindringlich dazu auf, dieses Ausschluss-Dogma zu überprüfen.

Die Stimmen mehren sich in der Partei, und eigentlich müsste Kramp-Karrenbauer eine große Strategiedebatte dazu führen. Aber ihr Rückzug und die Nachfolgersuche blockieren dies. Wenn es zu einem offenen Wettbewerb um den CDU-Vorsitz mit Regionalkonferenzen kommen sollte, müsste genau diese Frage diskutiert werden. Wobei klar sein muss: Die scharfe Abgrenzung zur AfD darf nicht wackeln, CSU-Chef Markus Söder hat recht, wenn er dies zu einer existentiellen Frage für die bürgerliche Identität der Union erklärt.

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