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Trotz Krise: Ärztestreik an kommunalen Kliniken

Trotz Wirtschaftskrise und Geldnot der Gemeinden kündigt der Marburger Bund Arbeitsniederlegungen der Ärzte in städtischen Krankenhäusern ab dem 17. Mai an.

In den rund 800 kommunalen Krankenhäusern wird ab Mitte Mai wieder gestreikt. Unbeeindruckt von Wirtschaftskrise und finanziellen Nöten der Kommunen stimmten bei einer Urabstimmung der Ärztegewerkschaft Marburger Bund 93 Prozent der Mediziner für einen Arbeitskampf, nur sieben Prozent waren dagegen. Dieses Ergebnis sei „an Eindeutigkeit nicht zu übertreffen“, freute sich Verbandschef Rudolf Henke – und kündigte eine noch schärfere Form des Ausstandes an als vor vier Jahren.

Anders als 2006 werde es diesmal „keine Erholungspausen für die Arbeitgeber“ geben, bei denen die Ärzte dann ausgefallene Untersuchungen und Operationen wieder nachholten, betonte Henke. Nun werde „durchgehend“ gestreikt – und zwar ab dem 17. Mai, mindestens eine Woche lang und „in einer wachsenden Zahl von Krankenhäusern“. Patienten, die für diese Zeit einen Klinikaufenthalt geplant hätten, müssten „mit erheblichen Verschiebungen“ rechnen und sollten planbare Eingriffe lieber verschieben oder dafür anderen Häusern den Vorzug geben. Als Alternative empfahl ihnen der Marburger Bund Unikliniken sowie kirchlich oder privat betriebene Krankenhäuser. Auch Berlin und Hamburg eigneten sich zum Ausweichen. Die kommunalen Kliniken beider Städte seien von den Streiks ausgenommen, hier habe man sich bereits auf Tarifverträge geeinigt.

Der Streikschwerpunkt soll nach Henkes Worten in Süddeutschland liegen. Zum Auftakt sei eine zentrale Kundgebung samt Demonstration in München geplant. Neben Bayern seien Baden-Württemberg, aber auch Hessen, Nordrhein- Westfalen, Niedersachsen und Bremen stark betroffen. Die Tarifverhandlungen für die rund 55 000 Ärzte an kommunalen Kliniken waren Anfang April gescheitert. Der Marburger Bund forderte neben fünf Prozent mehr Gehalt vor allem eine „deutlich bessere“ Bezahlung von Bereitschaftsdiensten. Die Arbeitgeber dagegen hätten versucht, die Mediziner mit einem Gehaltsplus von weniger als einem Prozent pro Jahr „abzuspeisen“, sagte Henke. Die gebotenen 2,9 Prozent über eine Laufzeit von 33 Monaten hätten noch unter der Steigerung für den öffentlichen Dienst gelegen. Und für den gebotenen Nachtdienst-Aufschlag von 15 bis 20 Prozent hätten die Ärzte den bisher dafür gewährten Zusatzurlaub drangeben sollen. „Ein solches Paket könne man „nur als pure Provokation empfinden“.

Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) wies die Gewerkschaftsforderungen zurück und verwies auf die wirtschaftliche Not vieler Kliniken. Nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft ist jedes fünfte Klinikum in Deutschland von Insolvenz bedroht. Außerdem, so erinnerte VKA-Verhandlungsführer Joachim Finklenburg, seien die Arztgehälter an kommunalen Kliniken in den vergangenen fünf Jahren bereits um 20 bis 30 Prozent gestiegen. Der Marburger Bund betreibe Gewerkschaftspolitik „auf dem Rücken der Patienten“ und fordere zum dritten Mal in Folge überproportionale Steigerungen „für eine der ohnehin am besten verdienenden Berufsgruppen“. Noch im vorigen Jahr hatten die Krankenhausmediziner 3,8 Prozent mehr bekommen, 2008 waren es vier Prozent.

Der Marburger Bund dagegen führte angebliche Inflationsraten von drei bis fünf Prozent für die nächsten Jahre ins Feld. Zudem verwies Henke auf die hohe Zahl unbesetzter Arztstellen. Dass inzwischen 5000 Klinikärzte fehlten, liege auch an der schlechten Bezahlung. „Wenn wir uns jetzt nicht wehren, wird es nie gelingen, die unbesetzten Stellen im Ärztlichen Dienst zu besetzen.“ Genau dies sei aber nötig, um die Arbeitsbedingungen für die anderen wieder einigermaßen erträglich zu machen. Durch die nicht besetzten Arztstellen sparten die Kliniken im Übrigen 350 Millionen Euro. Um eine Verständigung zu erreichen, seien gerade mal 80 bis 90 Millionen Euro nötig.

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