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Türkei: EU spricht nicht mehr von "Beitrittsverhandlungen" mit der Türkei

Angesichts massiver Vorbehalte in vielen Mitgliedstaaten hat die EU in ihrer jüngsten Türkei-Erklärung das Wort "Beitritt" gestrichen. Am Status der Verhandlungen ändert sich dadurch zwar nichts, doch werden verstärkte Reformen angemahnt.

Der Status sei durch Verweise auf frühere EU-Beschlüsse in dem Text sichergestellt. Zugleich verständigten sich die EU-Außenminister darauf, in der kommenden Woche zwei weitere Verhandlungsbereiche mit der Türkei zu öffnen. Diese betreffen den Verbraucherschutz und transeuropäische Verkehrsnetze.

"Man nimmt mehr Rücksicht bei der Sprache", kommentierte ein EU-Diplomat. Vor allem Frankreich habe wegen Vorbehalten seines Präsidenten Nicolas Sarkozy den Begriff "Beitritt" abgelehnt. Erst unlängst hatte sich die CDU für eine privilegierte Partnerschaft mit der Türkei - und damit gegen eine Vollmitgliedschaft - ausgesprochen.

Briten und Schweden kämpften für "Beitritt"

In der Erklärung der EU-Außenminister heißt es, die EU freue sich auf die Regierungskonferenzen mit den Kandidaten Türkei und Kroatien noch in diesem Monat. In dem Türkei-Kapitel ist jedoch explizit nicht mehr von "Beitrittsverhandlungen" die Rede, wie dies noch in der Ministererklärung vom Dezember 2006 der Fall gewesen war. Die EU beurteilt einmal im Jahr ihren Erweiterungsprozess.

Auch die Erklärung des EU-Gipfeltreffens an diesem Freitag in Brüssel wird den Punkt noch einmal aufgreifen. Der Gipfel wird auch eine hochrangige "Reflexionsgruppe" zur Zukunft der EU beschließen. Dieses "Weisen"-Gremium war von Sarkozy als Vorbedingung für eine Fortsetzung der Türkeiverhandlungen angeregt worden.

Großbritannien und Schweden hatten lange für die Aufnahme des Wortes "Beitritt" in die Minister-Erklärung gekämpft. Der britische Ressortchef David Miliband sagte vor dem Treffen: "Wir denken, es ist wichtig, dass die Europäische Union ihre Verpflichtungen gegenüber der Türkei erfüllt." Zugleich pochte der britische Außenminister darauf, dass Ankara sein Reformprogramm fortsetzt. Der schwedische Außenminister Carl Bildt berief sich auf die Römischen Gründungsverträge und sagte: "Wir haben eine Verpflichtung, eine offene Union zu sein."

Strategiepapier bedauert "begrenzten Fortschritt"

In dem Strategiepapier drücken die Minister auch ihr Bedauern über "den beschränkten Fortschritt bei politischen Reformen in der Türkei" in diesem Jahr aus. Insbesondere beim Rechtswesen, beim Kampf gegen Korruption und bei den Rechten von Frauen und Minderheiten habe die Türkei noch Nachholbedarf.

Die 2005 begonnenen Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sorgen schon seit Jahren immer wieder für Streit. Wegen des Zypern-Konflikts eröffnet die EU nach einem früheren Beschluss insgesamt acht Verhandlungskapitel nicht. Mit einem Beitritt wird nicht vor Mitte des kommenden Jahrzehnts gerechnet. (mist/dpa)

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