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Überraschung in Schweden - und Berlin: Piraten schwimmen auf Erfolgswelle

Ein Gespenst geht um in Europa und feiert Achtungserfolge in den Wahllokalen: Die Piratenpartei ist im Kommen.

Erst vor einigen Wochen wurden die Verantwortlichen der schwedischen Internettauschbörse Piratebay zu einer Haftstrafe verurteilt. Bei den Europawahlen erzielte die Piratenpartei – sozusagen der unabhängige politische Arm von Piratebay – nun ein sensationelles Ergebnis. Die Partei, die für ein minimal reglementiertes Internet mit dem Recht auf kostenlose Downloads und gegen die staatliche Überwachung von Telekommunikation eintritt, erzielte 7,1 Prozent. Bei den Wählern unter 30 Jahren kamen die Piraten mit 18 Prozent auf den höchsten Anteil aller Parteien. 75 Prozent der Wähler der 2006 gegründeten Partei sind Männer. Sie entsendet nun einen oder sogar zwei Abgeordnete nach Straßburg.

Noch vor ein paar Wochen lagen die Umfragewerte gerade bei vier Prozent. Dann kam im April das Urteil und zudem wurde bekannt , dass der zuständige Richter der Unterhaltungsindustrie sehr nahe steht. „Das absurde Urteil gegen die Piratebay ist für den Zulauf mitverantwortlich. Es geht um einen Generationenkonflikt zwischen denen, die das Internet erlernen mussten, und denen, die damit aufgewachsen sind”, sagt der frisch gekürte EU-Abgeordnete der Piratenpartei Christian Engström dem Tagesspiegel. Sein Parteivorsitzender Rick Falkvinge fügt hinzu: „Die Menschen in Schweden beginnen zu verstehen, dass der Staat nicht nur gut ist. Wir haben eine gigantische Basis. Es geht nicht nur um ein Anliegen, sondern viele. Alles wird heute von der informationstechnischen Perspektive beeinflusst.“ In der Tat sind die Piraten mit 43 000 Mitgliedern die drittgrößte Partei Schwedens. Man wisse noch nicht, welcher Gruppe man sich im Europaparlament anschließen werde, sagte ein Sprecher. Klar sei dagegen, dass die Piraten auch in den nächsten schwedischen Reichstag einziehen wollen.

Auch in Deutschland trat eine Piratenpartei an. Sie holte 0,9 Prozent der Stimmen. „Wir wollten ein halbes Prozent, insofern ist das ein Riesenerfolg für uns“, sagt der stellvertretende Vorsitzende Jens Seipenbusch. Die ebenfalls 2006 gegründeten deutschen Piraten haben 1200 Mitglieder, weniger als zehn Prozent sind Frauen. Man sehe sich als Teil einer internationalen Bewegung, sagt Seipenbusch. Die Positionen seien in etwa mit denen der Schweden deckungsgleich. Es werde zudem bereits an Themen für die Bundestagswahl gearbeitet. Um dort antreten zu können, sammelt die Partei Unterschriften. Bundesweit habe man 70 Prozent der nötigen Unterschriften zusammen – in Berlin ist mit 1000 etwa die Hälfte erreicht. In der Hauptstadt kamen die deutschen Piraten sogar auf 1,4 Prozent.

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