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Kampfbereit: Im Osten der Ukraine gibt es wieder heftige Auseinandersetzungen zwischen prorussischen Separatisten und

© AFP

Ukraine: Kiew setzt auf Sieg

Mit scharfen Worten fordern ukrainische Politiker den Anti-Terror-Kampf – und Moskau macht die USA für die Krise verantwortlich.

Dem ukrainischen Innenminister Arsen Awakow wird ein großes Maß an Selbstbewusstsein nachgesagt. Nun fordert er mit martialischen Worten die Fortsetzung der Anti-Terror-Aktion. Die Zeit, „nur mit Rauchbomben um sich zu werfen“, sei vorbei. „Patrioten sind für mich diejenigen, die auch an schweren Tagen für ihre Position eintreten“, schreibt der Minister auf Facebook. Am Mittwoch eskalierten dann auch die Kämpfe mit prorussischen Separatisten.

Der Militärexperte Anatoli Pawlenko vom Institut für Strategische Studien sagte der Tageszeitung „Segodna“, dass der Anfang der Woche wieder aufgenommene Einsatz „zwar härter und ernster ist, aber die Soldaten mittlerweile gut geschult sind“. Der Wille zum Sieg wachse, außerdem gebe es Überläufer aus den Reihen der Separatisten, „das ist für die Moral sehr wichtig“, sagte der Experte.

Entführte werden zu Sklavenarbeit gezwungen

Dennoch gibt es auch eine große Verunsicherung in der Ukraine – nicht zuletzt aufgrund von Medienberichten. Demnach sollen im Zuge des Konfliktes im Osten des Landes hunderte Menschen entführt worden sein, Zivilisten, Polizisten und Journalisten. Einige Angehörige haben offenbar seit Monaten nichts mehr von den Verschwundenen gehört. Vor allem eine unbekannte Zahl von Behörden-Mitarbeitern in Donezk würde immer noch vermisst.

Diese Menschen seien, so heißt es, von den Aufständischen vor die Wahl gestellt worden, mitzukämpfen oder gefangen genommen zu werden. Die meisten Geiseln sollen in Kellern festgehalten werden. Opfer, die ihre Gefangenschaft hinter sich haben, berichten von schlimmen Zuständen. Viele Entführte würden gefoltert, sie seien zudem zu Sklavenarbeit wie dem Ausheben von Gräben oder Errichtung von Straßensperren gezwungen worden. Andere würden als menschliche Schutzschilde missbraucht.

Vier Außenminister arbeiten weiter an politischer Lösung

Dennoch gibt es weiterhin Stimmen, die auf eine friedliche Lösung des Konflikts drängen. So sprach sich der Bürgermeister von Donezk, Alexander Lukjantschenko, für die Fortsetzung des Dialogs aus. Die Verhängung des Kriegsrechts würde noch mehr „Schaden und Chaos anrichten“. Auch der selbst ernannte Ministerpräsident der „Volksrepublik Donezk“, Alexander Borodai, forderte die ukrainische Seite auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Derweil wird weiterhin auch auf internationaler Ebene versucht, die Krise in der Ukraine zu entschärfen. Aus diesem Grund trafen sich am Mittwoch die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Ukraine in Berlin. Dass die vier Minister sich ohne ihren Kollegen aus Washington trafen, empfindet man in Moskau als einen kleinen politischen Sieg. Denn dort gelten die USA als Haupthindernis für ein erfolgreiches Krisenmanagement in der Ukraine. Darüber war sich beispielsweise eine hochkarätige Expertenrunde in Moskau vergangene Woche einig. Am Mittwoch legte Jewgeni Lukjanow, der Vizekoordinator des russischen Sicherheitsrates, noch einmal nach. US-Experten, so der Beamte in einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti, würden Präsident Pedro Poroschenko nicht nur beraten, sondern „eine strategische Linie konzipieren, die die ukrainische Führung bei ihrer Beschlussfassung strikt befolgt“.

Moskau sieht "die globale Hegemonie" der USA am Ende

Die politische Führung in Moskau glaubt, Poroschenkos Entscheidung, die Waffenruhe bei den Kämpfen gegen die pro-russischen Separatisten zu beenden, sei letztendlich in Washington gefallen. Von dort käme auch das Sperrfeuer gegen eine Umwandlung der Ukraine in einen Bundesstaat, was aus russischer Sicht der einzige Ausweg aus der schweren Krise ist.

Die USA, meint Lukjanow, seien an Deeskalation nicht wirklich interessiert. Mit dem Vorwand, strategische Objekte wie Atomkraftwerke sichern zu wollen, könnten die Vereinigten Staaten und deren Nato-Verbündete Truppen in die Ukraine entsenden, ohne dass diese der Allianz beitritt. Doch die „globale Hegemonie der USA“ sei zu Ende ist. Es seien neue Kraftzentren entstanden, darunter die sogenannten Brics-Staaten, die am schnellsten wachsenden Schwellenländer. Auch Russland sei wieder auf die Beine gekommen. Daher müssten sich die wichtigsten Akteure der internationalen Politik an den Verhandlungstisch setzen, um Konsequenzen daraus zu ziehen.

Putin: Verzicht auf "EInmischung in innere Angelegenheiten"

Moskau schwebt dabei ein „europäisches Netzwerk“ vor, für das Kremlchef Wladimir Putin auf einer Beratung mit den Botschaftern Russlands im Ausland warb. Die Teilnehmer müssten sich verpflichten, auf eine Einmischung in innere Angelegenheiten souveräner Staaten, Erpressung und Drohung in zwischenstaatlichen Beziehungen und Begünstigung radikaler Kräfte zu verzichten. Nur so könne verhindert werden, dass sich Entwicklungen wie in der Ukraine, im Irak oder in Syrien wiederholen.

Derartige Gefahren bestehen aus Sicht Putins selbst in den relativ stabilen Ländern Osteuropas. Es gebe genügend ethnischen und sozialen Zündstoff, den externe Akteure missbrauchen könnten, um die Lage zu destabilisieren und einen „undemokratischen Machtwechsel“ wie in der Ukraine zu erzwingen.

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