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Will sich gegen EU-Pläne stellen: Bundeswohnungsbauministerin Klara Geywitz (SPD).

© dpa/Hendrik Schmidt

Kein Sonderfonds: Wie Geywitz beim Wohnungsbau immer tiefer stapelt

Statt mehr neue Wohnungen in Deutschland entstehen weniger. Um den Wohnungsbau anzukurbeln, fordert ein Baubündnis viel Geld - doch die Bauministerin lehnt ab.

Insgesamt 50 Milliarden Euro fordert ein Verbändebündnis zur Förderung des Wohnungsbaus in Deutschland - doch Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) lehnt das ab. Sie verwies stattdessen auf die rege Abfrage von Förderungen aus dem neusten Bundesprogramm für den Bau energiesparender Wohnungen und auf die für Anfang Juni startende Förderung für Familien.

Zuvor hatte ein Bündnis aus sieben Verbänden der Wohnungswirtschaft, Mietervertretern, Baustoffindustrie und Baugewerkschaften eine massive Aufstockung der Wohnungsbauhilfen angemahnt.

Geywitz gab am „Wohnungsbau-Tag“ des Verbändebündnis zu, dass es zu einem „Rückgang der Auftragszahlen“ in der Bauwirtschaft gekommen sei und dass auch die Zahl der Genehmigungen für den Bau von Wohnungen abnimmt. Das Bündnis warnt, dass der deshalb drohende Abbau von Baukapazitäten viel schneller einsetzt.

Um dies zu verhindern, stellte Geywitz „Eigenkapital ersetzende Darlehen“ des Bundes in Aussicht. Sie sollen notleidende Firmen vor der Schließung bewahren. Die Forderung der sieben Verbände nach einem Milliarden-Programm zur Vorbeugung einer Rezession im Wohnungsbau „kann ich verstehen“, sagte Geywitz. Aber das Grundgesetz schränke die Verschuldungsmöglichkeiten des Bundes ein.

Bündnis-Vertreter erklärten, dass bereits erste Firmen schließen müssen. Die Branche sei verunsichert wegen der vielen zeitgleich den Wohnungsbau belastenden Einflüsse: Stark steigende Preise sowie viele neue Regulierungen etwa die Erhöhung der Standards beim Wärmeverbrauch der Häuser. Viele zuvor geplanten Vorhaben würden deshalb gestoppt.

Für das Verbändebündnis ist deshalb klar: Ohne die Auflage eines Sonderfonds in Höhe von 50 Milliarden Euro für die Dauer der Legislaturperiode wird die Ampelkoalition ihre Ziele im Wohnungsbau nicht erreichen. Dies sagten Vertreter von Wohnungsbauunternehmen, Mieterbund sowie Bau-Gewerkschaft übereinstimmend.

Das Bündnis drängt wegen der Wohnungsnot auf Sofortmaßnahmen zur Ankurbelung des Neubaus. Deutliche kritisierte das Bündnis die Bundesbauministerin. Ihr „Narrativ“, wonach 1,7 Millionen Wohnungen in ländlichen Gebieten freistünden, sei falsch. Die Zahl sei veraltet, diese Wohnungen gebe es überhaupt nicht.

Seit Ende 2022 gehen die Aufträge zurück

Hintergrund der Forderungen ist die Verschärfung der ohnehin angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt. Statt des erforderlichen Aufschwungs kommt es seit Ende vergangenen Jahres zu einem Rückgang der Aufträge im Bau. Erste Unternehmen müssen schließen. Statt auskömmlicher Hilfen des Bundes seien Förderprogramme wie das für die energetische Ertüchtigung von Altbauten bereits ausgeschöpft. 

Wirtschaftsminister Robert Habeck will die Milliarden aus dem nicht ausgeschöpften „Wirtschaftsstabilisierungsfonds“ zugunsten der Baubranche einsetzen. Dieser Fonds war ursprünglich für den Schutz von Unternehmen vor zu hohen Energiepreisen infolge des russischen Angriffskriegs vorgesehen.

Das Geld könne nun zur Aufstockung der Mittel für den Neubau dienen, sagte Habeck, „gerne sozial gestaffelt, damit nicht Millionäre“ davon profitieren, sondern zugunsten von Unternehmen, die sonst nicht bauen würden. Diese Idee hatte der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag Rolf Mützenich ins Gespräch gebracht.

Habeck wirbt für eine Aufstockung der Fördermittel

Habeck sagte weiter, er werbe in der Koalition dafür, dass die 750 Millionen Euro umfassenden Förderung im Neubau „bei meiner Kollegin Geywitz“ aufgestockt werden. „Wir brauchen Wohnraum und eine funktionierende Bauwirtschaft“, so der Wirtschaftsminister zur Begründung. Zur Belebung der Baukonjunktur spricht sich Habeck auch für eine „Erhöhung und Systematisierung“ der steuerlichen Förderung bei der Sanierung von Altbauten aus.

Der Wirtschaftsminister sagte, er könne sich eine Erhöhung der Sanierungsabschreibungen und der linearen Abschreibungen auch im Neubau vorstellen. Es gelte „die Bauwirtschaft nicht kaputtgehen zu lassen“, sondern sie bei der ökologischen Transformation des Landes zu begleiten.

Seltener Anblick: Der Neubau von Wohnungen hat zuletzt stark nachgelassen.
Seltener Anblick: Der Neubau von Wohnungen hat zuletzt stark nachgelassen.

© dpa/Soeren Stache

Habeck regte zudem eine frühere Auszahlung von Zuschüssen für junge Familien an, die aus einem schlecht sanierten Altbau in eine eigene Immobilie umziehen wollen. Der positiv in der Branche aufgenommene Vorschlag sieht aber keine Erhöhung der Förderung vor, sondern nur eine frühere Auszahlung des Geldes, etwa um das oft fehlende und erforderliche Eigenkapital von jungen Familien beim Immobilienerwerb auszugleichen.

Die Wohnungskrise in Deutschland verschärft sich, weil auch die Nachfrage nach Immobilien weiter hoch ist. Auch die kräftig gestiegenen Zinsen und die Baupreise stürzen den Wohnungsmarkt in die Krise. 5000 Euro je Quadratmeter koste der Bau einer neuen Wohnung. Ohne Subvention müsste diese für 17,50 bis 20 Euro je Quadratmeter vermietet werden.

So viel können die meisten Bundesbürger nicht ausgeben für das Wohnen. Und weil das Bauen so teuer ist und die Firmen das Geld nicht rausbekommen, „bauen sie eben nicht“, so Axel Gedaschko, Präsident des GdW – Bundesverbandes der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen.

Für Geywitz ist die Entwicklung im Wohnungsbau desaströs

Und deshalb komme die Erhöhung der energetischen Standards bei Neubauten zum „denkbar ungünstigsten Zeitpunkt“, sagte Hannes Zapf von der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerk und Wohnungsbau. Denn diese mache das Bauen noch teurer. Dirk Salewski vom Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen forderte „schnell, viel mehr Geld und gleichzeitig den Abbau von Regulierungen“.

Die Niederlande hielten auch die europäischen Standards im Wohnungsbau ein, bauten aber wesentlich günstiger. Denn dort verhinderten nicht 16 unterschiedliche Landesbauordnungen sowie zahllose Normen und Vorschriften kostengünstiges und serielles Bauen. Dies sei auch in Deutschland möglich, wenn der Bund Regulierungen abbaut.

Für Geywitz ist die Entwicklung im Wohnungsbau desaströs. Nicht mehr, sondern sehr viel weniger Wohnungen entstehen in Deutschland: 30 Prozent weniger Einfamilienhäuser seien im Januar entstanden, das Minus im Wohnungsbau insgesamt habe 20 Prozent betragen, so Christian Straub vom Zentralverband Deutsches Baugewerbe. Für die Firmen habe dies ein Minus bei den Aufträgen zur Folge von 30 Prozent.

Wie das Verbändebündnis seine gewaltige Forderung von 50 Milliarden Euro an Förderungen begründet? Weil der Bau einer Wohnung durchschnittlich 5000 Euro je Quadratmeter koste, so Dietmar Walberg von der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen, könne diese nur mit Hilfe von Subventionen zu einer bezahlbaren Miete von etwa 12 Euro je Quadratmeter angeboten werden. Dazu müsse der Bund 2900 Euro je Quadratmeter zu den Baukosten beisteuern.

Sollten die Subventionen fließen, könnte auch eine große Zahl von frei finanzierten Wohnungsbauvorhaben „gerettet“ werden, die wegen der stark gestiegenen Baupreise und Zinsen aufgeschoben oder aufgegeben wurden. Die aufgeschobenen Projekte tragen auch zum Rückgang im Wohnungsbau bei. 

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