zum Hauptinhalt
Politisch vermintes Gelände. In Manhattan soll eine neue Moschee entstehen – ganz in der Nähe der Baustelle des Ground Zero. Die US-Demokraten befürchten, dass eine Unterstützung des Projekts sie Stimmen bei der bevorstehenden Kongresswahl kosten könnte.

© dpa

Umstrittene Moschee: Die Wunden des 11. September

In den USA tobt ein Streit über den Bau einer Moschee in der Nähe von Ground Zero – und Präsident Barack Obama fühlt sich missverstanden.

Die Kontroverse um den Bau einer Moschee in New York in der Nähe von Ground Zero hat sich verschärft, nachdem US-Präsident Barack Obama am Wochenende zwei Mal Stellung zu dem umstrittenen Projekt genommen hat. Beim zweiten Auftritt relativierte er seine ersten Äußerungen – offenbar um Demokraten zu beruhigen, die befürchten, dass Obamas Unterstützung für das Projekt Stimmen bei der Kongresswahl in elf Wochen kosten könnte. Nach Umfragen lehnen 68 Prozent aller Bürger den Bau am vorgesehenen Ort ab. Unter parteiunabhängigen Wählern, die wohl den Ausschlag bei der Wahl geben, sind es sogar 70 Prozent.

Konservative kritisieren, es sei eine Zumutung für die Familien der Opfer des Anschlags vom 11. September 2001, wenn nur zwei Blocks entfernt vom Standort des zerstörten World Trade Center eine Moschee entstehe. Die Attentäter hätten für sich in Anspruch genommen, im Namen des Islam zu handeln.

Die Initiatoren des Projekts fühlen sich missverstanden. Ihr „Cordoba Haus“ diene dem Gedanken der Versöhnung. Feisal Abdul Rauf, der Imam, der den Bau vorantreibt, hatte den Terrorangriff vom 11. September mehrfach verurteilt und tritt für ein friedliches Zusammenleben der Religionen ein.

Obama hatte am Freitagabend erstmals öffentlich Stellung genommen. Zuvor hatte er das Thema gemieden, obwohl der Streit in New York seit Monaten tobt und in den jüngsten Wochen nationale Resonanz gewann. Sein Sprecher Robert Gibbs tat die Kontroverse noch vor zwölf Tagen als „lokale Angelegenheit“ ab, als er im Pressebriefing im Weißen Haus danach gefragt wurde. Obama nutzte ein Dinner, das er zum Auftakt des muslimischen Fastenmonats Ramadan gab, um seine Position zu erläutern. „Als Bürger und als Präsident bin ich davon überzeugt, dass Muslime dasselbe Recht wie jeder andere in diesem Land haben, ihre Religion auszuüben. Das schließt das Recht ein, einen Gebetsort und ein Gemeindezentrum auf einem Privatgelände in Lower Manhattan zu errichten, solange sie die lokalen Vorschriften beachten.“ US-Medien berichteten daraufhin, der Präsident unterstütze den Bau.

Doch diesem Eindruck widersprach Obama am Sonnabend ausdrücklich. Inzwischen waren er, seine Frau Michelle und die jüngere Tochter Sasha an die Westküste Floridas gereist, die dem Golf von Mexiko zugewandt ist, um dort zu baden und für den Sommertourismus zu werben, der unter der Ölpest schwer gelitten hat. Seine Äußerungen vom Freitag seien „nicht als Kommentar gemeint, ob es weise ist, an diesem Ort eine Moschee zu bauen. Ich habe über das grundsätzliche Recht (der Religionsausübung) gesprochen, das jeder Bürger seit der Gründung unseres Staates genießt.“

Zuvor hatten Republikaner Obama wegen seiner Einmischung angegriffen. „Die Entscheidung für eine Moschee so nahe an Ground Zero und die Unterstützung durch den Präsidenten sind gleichermaßen beunruhigend“, sagte der Fraktionsführer im Abgeordnetenhaus, John Boehner. „Dies ist keine Frage des Rechts oder der Religionsfreiheit. Sondern es geht um den Respekt vor den Opfern eines tragischen Moments in unserer Geschichte.“ Sarah Palin, die republikanische Vizepräsidentschaftskandidatin 2008, verglich das Projekt mit der Idee, eine serbisch-orthodoxe Kirche auf den „killing fields“ in Srebrenica zu bauen, wo serbische Milizen tausende bosnische Muslime hingerichtet hatten. Newt Gingrich, der republikanische Mehrheitsführer von 1994 und ein mutmaßlicher Präsidentschaftskandidat für 2012, sagte, wenn es den Initiatoren um religiöse Toleranz gehe, sollten sie ihre Energie darauf richten, den Bau christlicher Kirchen in muslimischen Ländern zu ermöglichen. Es gebe tausende Moscheen in den USA. In fast allen muslimischen Ländern sei es aber nicht erlaubt, eine Kirche zu errichten.

Das Weiße Haus betonte, die zweite Stellungnahme, in der Obama zwischen dem prinzipiellen Recht auf den Moscheebau und dem Sinn dieses speziellen Projekts unterscheide, sei eine Präzisierung gewesen und nicht als Zurückweichen vor der Kritik zu verstehen. Obama sei Verfassungsrechtler und habe seit längerem seine grundsätzliche Position darlegen wollen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false