zum Hauptinhalt
In der Ostsee wird Nord Stream 2 mit Schiffen verlegt.

© imago images/ITAR-TASS

Update

Umstrittene Ostsee-Pipeline: Union nennt US-Sanktionen wegen Nord Stream 2 „feindlichen Akt“

Aus der Bundesregierung kommt scharfe Kritik an den geplanten US-Strafmaßnahmen zur Gaspipeline in der Ostsee. Auch Außenminister Maas zeigt sich verärgert.

In der deutschen Politik sind die geplanten US-Sanktionen wegen der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 scharf kritisiert worden. Der CDU-Wirtschaftspolitiker Joachim Pfeiffer sagte: „Das ist nun nicht mehr nur ein unfreundlicher, sondern ein feindlicher Akt der USA gegen seine Verbündeten und ganz Europa.“

Und ergänzte: „Der US-Sanktionsbeschluss ist sowohl politisch falsch, da er die sich abzeichnenden Fortschritte und Erfolge des „Normandie-Gipfels“ vom Montag nicht nur nicht würdigt, sondern konterkariert.“

Auch Außenminister Heiko Maas (SPD) verurteilte die geplanten US-Sanktionen. „Die europäische Energiepolitik wird in Europa entschieden, nicht in den USA. Eingriffe von außen und Sanktionen mit extraterritorialer Wirkung lehnen wir grundsätzlich ab“, teilte Maas am Donnerstag mit.

Das US-Repräsentantenhaus hatte am Mittwochabend Sanktionen gegen Firmen im Zusammenhang mit der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 auf den Weg gebracht. Die Abgeordneten stimmten mit großer Mehrheit für ein Gesetzespaket zum Verteidigungshaushalt (NDAA), in das das Sanktionsgesetz eingefügt worden war.

Erwartet wird, dass der Senat das Gesetzespaket noch vor Beginn der Sitzungspause Ende nächster Woche verabschiedet. Ein Termin dafür steht noch nicht fest. Das Weiße Haus hat bereits deutlich gemacht, dass US-Präsident Donald Trump das Gesetzespaket unterzeichnen wird.

Streit über Nord Stream 2: „Wir brauchen keine Belehrungen in unserem Verhältnis zu Russland“

Unions-Fraktionsvize Johann Wadephul sagte, die Maßnahmen seien eine Belastung für das deutsch-amerikanische Verhältnis. „Wir brauchen keine Belehrungen in unserem Verhältnis zu Russland, wie das klare Bekenntnis zum Sanktionsregime wegen der Krim-Annexion zeigt. Wir stehen unverändert zu North Stream 2 als ein Pfeiler eine diversifizierten Energieversorgung.“

Der FDP-Politiker Martin Neumann vermutete, hinter den geplanten US-Sanktionen stecke zum einen der Versuch von US-Präsident Donald Trump, russisches Gas zugunsten des amerikanischen Flüssiggases (LNG) vom Markt zu drängen. „Viel schlimmer noch wiegt allerdings das Versäumnis der Bundesregierung, sich in der Causa „Nord Stream 2“ rechtzeitig mit Deutschlands europäischen Verbündeten abzustimmen.

Wenn es um Dollars geht, werden Freunde eben offenbar ganz schnell zu Feinden. Da wird dann ganz schnell nicht mehr das freundliche Gesicht, sondern die Fratze gezeigt.

schreibt NutzerIn aladin1

Nun rächt sich, dass die Regierung die Bedeutung des Pipeline-Projekts als gemeinsames Projekt zur Diversifizierung des europäischen Gasmarktes unterschätzt hat.

Der Betreiber der Ostseepipeline Nord Stream 2 will sich nicht zu den näher rückenden US-Sanktionen äußern. „Uns sind die politischen Debatten sowie die Gesetzesinitiativen im US-Kongress bekannt“, teilte ein Sprecher der Nord Stream 2 AG im schweizerischen Zug mit. „Wir können uns zu etwaigen Auswirkungen auf unser Projekt nicht äußern.“

Deutsche Wirtschaft in Russland fordert Gegenmaßnahmen

Die deutsche Wirtschaft in Russland verurteilte die geplanten Sanktionen der USA und rief die Bundesregierung zu Gegenmaßnahmen auf „Wir sollten auf Sanktionen, die Europa schädigen, mit Gegensanktionen antworten“, sagte der Chef der deutsch-russischen Auslandshandelskammer (AHK), Matthias Schepp, der Deutschen Presse-Agentur in Moskau.

„Es ist an der Zeit, dass Berlin und Brüssel eine klare politische Position beziehen und mit gezielten Gegenmaßnahmen antworten“, sagte Schepp. Die energiepolitische Unabhängigkeit Europas stehe hier auf dem Spiel. Nord Stream 2 erhöhe die Energiesicherheit in Europa und sorge für günstige Energiepreise auch im Vergleich zum teureren amerikanischen Flüssiggas (LNG). Die USA wollten mit den Sanktionen den Verkauf LNG nach Europa fördern, kritisierte Schepp.

USA sehen Abhängigkeit Deutschland von Russland

Nord Stream 2 soll vom kommenden Jahr an unter Umgehung von Polen und der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland liefern. Bislang wurden nach Angaben des Nord-Stream-2-Konsortiums mehr als 2100 Kilometer des Doppelstrangs in der Ostsee verlegt, rund 300 Kilometer fehlen noch. Der US-Kongress will die Fertigstellung des Projekts verhindern. Die Sanktionen könnten es zumindest verzögern.

Baustelle der Ostseepipeline Nord Stream 2 in Mecklenburg-Vorpommern
Baustelle der Ostseepipeline Nord Stream 2 in Mecklenburg-Vorpommern

© dpa/Stefan Sauer

Die USA argumentieren, dass sich Deutschland mit der Pipeline in Abhängigkeit von Russland begeben würde. Das „Gesetz zum Schutz von Europas Energiesicherheit“ sieht Sanktionen gegen die Betreiberfirmen der hoch spezialisierten Schiffe vor, mit denen die Rohre für die Pipeline durch die Ostsee verlegt werden. Auch TurkStream - eine russische Pipeline, die durch das Schwarze Meer Gas in die Türkei bringen soll - ist betroffen. Ebenso gelten die Sanktionen für jegliche Folgeprojekte von Nord Stream 2 und TurkStream.

Einreiseverbote und Blockade von Transaktionen

Das Gesetz sieht vor, dass der US-Außenminister in Absprache mit dem Finanzminister dem Kongress binnen 60 Tagen berichtet, welche Schiffe eingesetzt werden und welche Firmen diese Schiffe zur Verfügung gestellt haben. Gegen Manager der Firmen und deren Hauptaktionäre mit Kontrollmehrheit sollen Einreiseverbote in die USA verhängt werden. Bestehende Visa sollen widerrufen werden. Transaktionen der Betroffenen, die sich auf ihren Besitz oder ihre geschäftlichen Interessen in den USA beziehen, sollen blockiert werden können.

Sowohl Präsident Trump als auch Demokraten und Republikaner aus beiden Kammern des Kongresses laufen seit langem Sturm gegen Nord Stream 2. Die Auswärtigen Ausschüsse im Repräsentantenhaus und im Senat hatten bereits vor Monaten mit überwältigenden Mehrheiten Gesetzesentwürfe mit Sanktionen zu Nord Stream 2 verabschiedet. (dpa)

Zur Startseite