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Entkräftet, aber angekommen: Tausende von Flüchtlingen suchen übers Mittelmeer den Weg nach Europa. Dieser Afrikaner schaffte es am Samstag nach Palermo.

© dpa/Mike Palazzotto

UNHCR zu Flüchtlingen: Es mangelt an legalen Wegen nach Europa

Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR beobachtet mit wachsender Sorge die dramatische Lage im Mittelmeer. Was wissen die Helfer über die Identität der Opfer – und was fordern sie von der Politik?

Die meisten Menschen an Bord des Unglücksbootes konnten nicht schwimmen – anders als in Europa lernen das auf dem afrikanischen Kontinent weit weniger Menschen. Und selbst wer es kann, der habe im rund 16 Grad kalten Wasser „mitten auf dem Ozean dehydriert und von der Reise entkräftet kaum eine Überlebenschance“, sagt William Spindler, beim Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR zuständiger Sprecher für „Europa, Westafrika und Staatenlose“.

Wird man je herausfinden, wer ertrank, um die Eltern, die Kinder informieren zu können? Nein, sagt Spindler: Bei den meisten der wenigen Wasserleichen, die man überhaupt bergen könne, werden keine Dokumente gefunden. Und die Körper der hunderten nicht gefundenen Opfer, darunter auch Babys und Kinder, würden von Meerestieren gefressen werden, also nie gefunden. „Die meisten der jetzt geretteten Menschen kommen aus Eritrea und Somalia“, sagt Spindler. Dort sind nun tausende Angehörige in Sorge, ob einer ihrer Angehörigen an Bord war.

Die Hälfte der in den vergangenen Monaten übers Mittelmeer geflohenen Menschen kamen nach UN-Angaben zu je 25 Prozent aus dem Bürgerkriegsland Syrien und aus dem von Menschenrechtskonflikten erschütterten Eritrea. Aber auch andere Afrikaner fliehen vor Dürre und Hunger infolge des Klimawandels und vor Terror. Geborgene Leichen werden Spindler zufolge auf italienischen Inseln wie Lampedusa anonym beerdigt.

Dass jetzt auch Handels- und Kreuzfahrtschiffe sowie private Skipper Menschen retten, sei ehrenwert, sagt der UNHCR-Sprecher. Aber es sei zuerst staatliche Aufgabe. Spindler hält die Suchaktion der italienischen Küstenwache und der Rettungskräfte des nahe gelegenen EU-Staates Malta für unabdingbar. Er begrüßt auch die avisierte EU-Katastrophensitzung.

Den Menschenhändlern in dem von Milizen beherrschten Libyen das Geschäft zu legen, sei schwierig. „Flüchtlinge müssen mehr Möglichkeiten bekommen, legal nach Europa zu kommen. Viele wollen im Frieden wie damals beim Jugoslawienkrieg wieder in die Heimat zurück.“

Spindler lobt Deutschlands Angebot, 30.000 Flüchtlinge aufzunehmen. „Europa müsste mit seinen 500 Millionen Einwohnern doch 130.000 Menschen bewältigen“, sagt er. Eine Such- und Rettungsaktion wie „Mare Nostrum“ müsse wieder aufgenommen werden. Zudem müssten dringend die Länder unterstützt werden, die Millionen Flüchtlinge beherbergen wie die Türkei, Libanon, Irak, Jordanien, Kenia und Sudan. Die Kriege und Konflikte in Afghanistan, Jemen, Libyen, Somalia und Ukraine müssten dringend politisch gelöst werden.

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