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US-Haushaltsstreit: Die Fronten sind härter denn je

Republikaner und Demokraten finden in der Auseinandersetzung um die Schuldenobergrenze nicht zueinander. Am 2. August droht der Staatsbankrott.

Zwar kommt Bewegung in den Streit um die Erhöhung der Schuldenobergrenze. Offen ist aber, ob die neue Dynamik den Weg zu einer Lösung öffnet. Für die Nacht zu Freitag hatten die Republikaner eine Abstimmung über einen eigenen Sparplan angesetzt. Den lehnen die Demokraten ab. Nach allgemeiner Erwartung verschärft das Votum zunächst die gegenseitige Blockade im Kongress. Womöglich bereitet es aber eine Einigung in der kommenden Woche vor, indem es die Fronten und Mehrheitsverhältnisse klärt.

Bis zum Mittwoch war der Druck auf die Republikaner gewachsen. Mit der Abstimmung wollten sie sich davon befreien und die Demokraten unter Zugzwang setzen. Der US-Aktienindex ist in den vergangenen fünf Tagen um mehr als drei Prozent gefallen. Die Manager sehen in den Republikanern das größere Hindernis und üben Druck auf sie aus. Sie sollen einem Kompromiss zustimmen, wie man die Schuldenobergrenze erhöht und die USA vor der Insolvenz bewahrt.

Die Bürger sind ebenfalls sauer auf die Politiker. Auch ihr Zorn richtet sich mehr gegen die Republikaner als gegen Präsident Barack Obama und die Demokraten. Nach Umfragen fordern mehr als zwei Drittel einen Kompromiss. Falls der ausbleibt, die Insolvenz einritt, das Land in die Rezession fällt und die Zinsen für alle Kredite steigen – von der Hypothek für das Eigenheim über den Autokauf bis zur Kreditkarte –, würden 50 Prozent den Republikanern die Schuld dafür geben und 35 Prozent Obama.

Nun ändern die Republikaner ihren Kurs. Bisher gelten sie als „Partei der Neinsager“. Über Wochen hatten sie mit Obama und den Anführern der Demokraten verhandelt, unter welchen Bedingungen die Schuldenobergrenze erhöht werden kann. Aber zu jedem besprochenen Kompromisspaket hieß es am Ende, das reiche nicht. Bei den Ausgaben müsse noch mehr gespart werden. Eine Erhöhung der Einnahmen aus Steuern und Abgaben komme dagegen nicht infrage.

Das permanente „No“ war keine Position der Stärke. Darin spiegelte sich die Zerstrittenheit der Republikaner. Der moderate Flügel unter dem Parlamentspräsidenten John Boehner strebte einen Kompromiss an, bemühte sich aber, Obama und seiner Partei ein Maximum an Zugeständnissen abzuhandeln. Der rechte Parteiflügel mit etwa 80 Abgeordneten aus den Reihen der „Tea Party“, die Neulinge im Parlament sind, lehnen Kompromisse ab. Sie verlangen radikale Kürzungen und wollen damit Obama in die Knie zwingen. Ihr Kalkül: Wenn die Wirtschaft stottert, die Arbeitslosigkeit steigt und die Bürger wütend sind, lasten die das dem Präsidenten an und Obamas Chance auf die Wiederwahl 2012 sinkt. Die Parteirechte verweigerte Verhandlungsführer Boehner die Gefolgschaft.

Die moderaten Konservativen schätzen die Lage und die Konsequenzen anders ein. Wenn die Republikaner in den Augen der Bevölkerung die Verweigerer sind, dann „zerstören wir unser Markenzeichen“, sagt Mitch McConnell, ihr Fraktionsführer im Senat, der zweiten Parlamentskammer. Er fürchtet eine Wiederholung der Entwicklung von 1994. Auch damals wollten die Republikaner einen demokratischen Präsidenten, Bill Clinton, im Haushaltsstreit bezwingen. Sie verweigerten die Finanzierung. Die Bürger lasteten das den Republikanern an. Bill Clinton wurde 1996 wiedergewählt.

Am Dienstag zog Boehner die Notbremse. In einer Fraktionssitzung forderte er Parteidisziplin. „Ich kann die Auseinandersetzung (mit Obama) nur gewinnen, wenn meine Armee hinter mir steht“, sagte er mit ernster Stimme und fügte in leichterem Ton hinzu: „Bewegt eure Hintern und stellt euch in Linie!“ Allgemeines Gelächter sei die Antwort gewesen, sagt ein Teilnehmer. Es habe aber nur oberflächlich heiter geklungen. Allen sei der Ernst der Lage klar. Wenn Boehner bei der Abstimmung nicht die Mehrheit mobilisieren kann, die die Republikaner im Abgeordnetenhaus eigentlich haben, dann bedeutet das ein „Misstrauensvotum“ gegen ihn.

Boehners Plan zielt nicht auf eine umfassende Lösung der Schuldenkrise ab, über die er mit Obama verhandelt hatte. Statt um drei bis vier Billionen Dollar Einsparungen in zehn Jahren geht es lediglich um 917 Milliarden; im Gegenzug würde die Schuldengrenze um 900 Milliarden Dollar angehoben. Damit könnten die USA ihre Ausgaben nur bis etwa zum Frühjahr 2012 bestreiten.

Das lehnen die Demokraten ab. Sie wollen eine Erhöhung der Schuldenobergrenze um rund zwei Billionen Dollar, damit die Verlängerung bis in die Zeit nach der Wahl im November 2012 reicht und nicht mitten im Wahlkampf erneut darüber abgestimmt werden muss. Dafür sind sie zu höheren Kürzungen bereit. Die Demokraten haben die Mehrheit im Senat. Wenn Boehners Plan das Abgeordnetenhaus passiert, werden sie ihn im Senat entweder komplett ablehnen oder nach ihren Wünschen modifizieren. Dafür müssten nun freilich sie ihre Mehrheit im Senat mobilisieren.

Es sieht nicht nach einer Einigung bis zum Dienstag aus – dem Tag, an dem nach bisherigen Schätzungen die Insolvenz droht. Die Regierung deutet an, eventuell reiche das Geld noch ein paar Tage länger. Der Zeitaufschub hilft jedoch nur, wenn die Parteien ihn zur Einigung nutzen statt zu weiterer Blockade.

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