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US-Politik: Obamas Falken

Der zukünftige US-Präsident stellt sein Kabinett zusammen und erntet erstmals Kritik. Barack Obama hält an Robert Gates als Verteidigungsminister fest. In der US-Außenpolitik dämpfen seine Personalentscheidungen Hoffnungen auf eine Wende.

Der künftige US-Präsident Barack Obama zieht mit seiner Personalpolitik in der Außen- und Sicherheitspolitik erstmals seit dem Wahlsieg Kritik auf sich. In den US-Medien gilt es als annähernd sicher, dass George W. Bushs Verteidigungsminister Robert Gates für mindestens ein Jahr im Amt bleiben soll. Als Nationaler Sicherheitsberater wird General James Jones favorisiert, der früher Nato- Oberbefehlshaber war und mehrere Jahre in Deutschland lebte, und als Außenministerin Hillary Clinton. In der Summe, klagt der liberale Flügel der Demokraten, sei das eine Mannschaft, die nicht für "Change" (Wandel) stehe; sie seien eher als "Falken" bekannt. Mit der Nominierung für die drei Ämter wird in der kommenden Woche gerechnet. Am heutigen Donnerstag begeht Amerika "Thanksgiving". Das Erntedankfest ist ein wichtiger Familienfeiertag und Anlass für ein verlängertes Wochenende, an dem die Politik ruht.

Nach Angaben amerikanischer Historiker wäre Gates das erste Beispiel in der Geschichte der USA, dass ein neuer Präsident den Verteidigungsminister aus dem anderen politischen Lager im Amt belässt. Neuberufungen über die Parteigrenzen hinweg hat es dagegen schon gegeben. Der Demokrat Bill Clinton ernannte 1997 den Republikaner William Cohen zum Pentagon-Chef.

Die Kritik an den drei Personalien wird bisher eher verhalten und zum Großteil anonym geäußert. Obamas Umfeld hält dem - ebenfalls anonym - entgegen, er erfülle so die Zusage, eine überparteiliche Regierung zu bilden und die Spaltungen in der eigenen Partei aus dem langen Vorwahlkampf gegen Hillary Clinton um die Kandidatur sowie zwischen Demokraten und Republikanern zu überwinden. Die Entscheidung für Gates kommt nicht überraschend. Bereits im Sommer hatten Berater Obamas von dieser Möglichkeit gesprochen. Richard Danzig, der unter Bill Clinton als Staatssekretär für Marineangelegenheiten diente, Obama militärpolitisch berät und selbst als potenzieller Pentagon-Chef gilt, hatte Gates gelobt.

Der Plan, alle Soldaten in 16 Monaten heimzuholen, gilt als unrealistisch

Gates genießt hohes Ansehen in beiden Parteien, weil er kein Ideologe sei, bei Skandalen hart durchgreife und sein Ministerium ansonsten relativ geräuschlos führe. Er kam zu Jahresbeginn 2007 ins Amt. Dem Vorgänger Donald Rumsfeld wurde angelastet, er habe den Irakkrieg zu einem Debakel gemacht, weil er zu wenig Truppen einsetzte. Er war nach der Niederlage der Republikaner in der Kongresswahl 2006 zurückgetreten.

In jener Zeit wurden eine ganze Reihe neokonservativer Ideologen, die mit Rumsfeld und Vizepräsident Dick Cheney ins Amt gekommen waren, durch Pragmatiker aus der Regierungszeit von George Bush senior, dem Vater des jetzigen Präsidenten, ersetzt. Gates war einer von ihnen. Er gehörte der Studiengruppe Irak an, die alternative Strategien ausarbeitete und den allmählichen Rückzug favorisierte. Im Pentagon leitete er aber zunächst die Truppenverstärkung ein; sie führte zu einem deutlichen Rückgang der Gewalt. Als der Skandal um die schlechte Versorgung Verwundeter im Militärhospital Walter Reed bekannt wurde, feuerte Gates die Verantwortlichen. Er hat sich sogar dafür ausgesprochen, den Pentagon -Etat zugunsten des Außenministeriums zu kürzen. Die USA sollten mehr in Diplomatie und weniger in Militär investieren.

Obamas Grundsatz, aus Irak abzuziehen, aber die Truppen in Afghanistan zu verstärken, wird nicht zu Streit mit Gates führen. Der Plan, alle US-Soldaten in 16 Monaten heimzuholen, gilt aber als unrealistisch. Gates kann ihm den Rücken freihalten, wenn er mit den Kommandeuren vor Ort den fachlichen Rat gibt, den Abzug zu verlangsamen, weil es mehr Zeit brauche, um irakische Kräfte aufzubauen, die die Grenzen sichern und die gewählte Regierung in Bagdad vor einem Putsch durch religiöse Milizen schützen. Gegenüber Iran und bei der Raketenabwehr vertritt Gates ähnlich vorsichtige Positionen wie Obama. Beide geben der Diplomatie den Vorrang und vermeiden die Rhetorik des Kalten Krieges. Mit Hillary Clinton hatte Obama Differenzen über den Irakabzug. Auch in der Politik gegenüber Iran, Pakistan und Israels Feinden vertritt sie schärfere Positionen als Obama. Das betrifft aber eher Details als den grundsätzlichen Kurs.

US-Kommentatoren sehen daher Vorteile in einer Entscheidung für Gates, Jones und Clinton. Wenn Obama "weichere" Außen- und Sicherheitspolitiker berufe, würde jeder Schwenk weg von der Bush-Linie Bedenken hervorrufen. Wenn die "Falken" eine solche Politik ausführen, sei Obama weniger angreifbar.

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