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Politik: USA verlangen Demokratie und warnen vor Islamisten

Washington - Während der friedlichen Revolution 1989 in Polen, Ungarn, der DDR und der Tschechoslowakei gab es keine Zweifel, wo die USA standen: auf der Seite der Demonstranten gegen die kommunistischen Regime. Das wiederholte sich wenige Jahre später bei der „Rosen-Revolution“ in Georgien und der „orangenen Revolution“ in der Ukraine.

Washington - Während der friedlichen Revolution 1989 in Polen, Ungarn, der DDR und der Tschechoslowakei gab es keine Zweifel, wo die USA standen: auf der Seite der Demonstranten gegen die kommunistischen Regime. Das wiederholte sich wenige Jahre später bei der „Rosen-Revolution“ in Georgien und der „orangenen Revolution“ in der Ukraine. Nun, da die Bürger in arabischen Staaten auf die Straße gehen und ihre Bürgerrechte einfordern, bestürmen US-Journalisten ihre Regierung mit Fragen nach der Haltung Amerikas. „Dies ist keine Situation, wo man Partei ergreifen muss“, sagt Barack Obamas Sprecher Robert Gibbs vor Korrespondenten im Weißen Haus.

Seine vorsichtige Wortwahl provoziert Nachfragen. „Wir unterstützen das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf Versammlungsfreiheit, solange sie friedfertig eingefordert werden“, ergänzt Gibbs. Das habe Obama dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak bei jedem Treffen deutlich gesagt. „Wir wollen, dass die arabischen Regierungen Reformen vornehmen.“ Beide Seiten dürften keine Gewalt anwenden.

„Es ist ganz klar, wo wir stehen“, ergänzt Michael Hammer, der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, auf die Frage zum Vergleich mit den Revolutionen in Mittel- und Osteuropa und zitiert aus der Rede an die Muslime, die Obama 2009 in Kairo hielt. Die Redefreiheit, die Beteiligung an freien Wahlen, die über die Regierung entscheiden, der Rechtsstaat und die Befreiung von Korruption gehörten zu den Grundrechten jedes Menschen weltweit. Hammer erinnert an Obamas Worte in Kairo, wonach Länder, die zusätzliche demokratische Rechte zugestehen, stärker werden und nicht schwächer. Es sei entscheidend, diese Prinzipien von allen Beteiligten einzufordern, sagt Hammer.

Den Vorwurf, die USA hielten sich mit Kritik an arabischen Regimen zurück, weil ihnen Stabilität wichtiger sei als Freiheit, weisen nicht nur Regierungsvertreter, sondern auch die meisten Kommentatoren und Experten in den USA zurück. Sie verweisen aber auf zwei Unterschiede, die eine Parteinahme erschweren. Erstens hätten sich die Proteste in Osteuropa zumeist an gelenkten oder gefälschten Wahlen entzündet. Das Eintreten für freie und demokratische Wahlen sei damals gleichbedeutend mit der Entscheidung für eine Seite gewesen. Zweitens sei bei den Unruhen in der arabischen Welt weniger klar als damals, wohin die Revolutionen streben. In Osteuropa waren mehr Bürgerrechte und Demokratie das Ziel der überwältigenden Mehrheit der Aufbegehrenden. In vielen arabischen Staaten hätten dagegen islamische Gruppen großen Einfluss auf die Proteste, die teils gar nicht mehr Freiheit und Demokratie anstrebten, sondern die autoritäre Herrschaft der heutigen Regime durch eine andere, religiös fundierte Diktatur ersetzen wollen. Die von der Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlichten Berichte von US-Diplomaten bestätigen diesen Spagat: Die USA verlangen von arabischen Verbündeten mehr Demokratie, unterstützen sie aber bei der Abwehr von Islamisten. Christoph von Marschall

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