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© dpa-Zentralbild

Thüringen: Verführung mit Brombeere

Rot-Rot-Grün oder Schwarz-Rot? Auch die letzten Sondierungen machen SPD-Landeschef Matschie die Entscheidung nicht leichter.

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In Thüringen ist die Frage, ob es zu einer rot-rot-grünen oder zu einer schwarz-roten Regierung kommt, bis in den späten Mittwochabend hinein spannend geblieben. Im Anschluss an Sondierungsgespräche in beiden Konstellationen wollte sich der SPD-Landesvorstand festlegen, mit wem die Partei in Koalitionsverhandlungen eintreten wird. Ergebnisse wurden zunächst nicht bekannt.

Nach dem letzten Sondierungsgespräch von Linkspartei, SPD und Grünen in einem Restaurant am Erfurter Stadtrand trat am Mittag ein zurückhaltender SPD-Landeschef Christoph Matschie vor die Presse. „Wir sind nicht in allen Punkten einig“, sagte er, ohne diese näher zu benennen. Und auch die Antwort auf die wichtigste Frage, nämlich wer in einem rot-rot-grünen Bündnis Ministerpräsident werden könnte, muss Matschie schuldig bleiben: „Wir gehen nicht mit einer Einigung hier heraus.“

Auch Grünen-Landeschefin Astrid Rothe-Beinlich war weiterhin skeptisch: Es seien „zentrale Fragen“ offen geblieben.“ Etwa wie die Grünen auf Augenhöhe an der Regierung beteiligt werden könnten, wie ihre Handschrift erkennbar bleibe. Für die Grünen ist das ein grundsätzliches Problem. Denn weil Linkspartei und SPD auch ohne sie eine Mehrheit haben, müssten sie um ihre Reputation in einer rot-rot-grünen Koalition fürchten.

Linkspartei-Spitzenkandidat Bodo Ramelow dagegen gab sich wie immer kämpferisch: „Wir wollen nach wie vor das Dreierbündnis.“ Es gehe ihm darum, etwas völlig Neues zu schaffen. Es gebe ein paar knifflige Dinge, die aber lösbar seien. Zur Frage des Regierungschefs sagte er, der Kandidat müsse „von allen dreien getragen und nicht nur ertragen“ werden.

Beim anschließenden Gespräch von SPD und CDU in einem Erfurter Gastronomen-Ausbildungsbetrieb war schon zu Beginn die Atmosphäre eine ganz andere: Herzlich, beinahe freundschaftlich wurden Matschie und seine drei Mitstreiter von CDU-Verhandlungsführerin Christine Lieberknecht empfangen. Auszubildende servierten einen Cocktail – symbolträchtig geziert von einer schwarzen Brombeere und einer roten Rose obendrauf. Dass sich Matschie in diesem Kreis wohlfühlte, war unschwer zu erkennen.

Tags zuvor hatte es so ausgesehen, als läge in Thüringen die deutschlandweit erste Koalition aus SPD, Linkspartei und Grünen in greifbarer Nähe. Nachdem sich Matschie am Dienstag zum Verzicht auf das Ministerpräsidentenamt bereit erklärt hatte, war vor dem letzten Sondierungsgespräch von Rot-Rot-Grün ein entscheidendes Hindernis für eine solche Koalition aus dem Weg geräumt worden. Linken-Spitzenkandidat Ramelow hatte nach seinem eigenen Verzicht aufs höchste Regierungsamt Matschie zu diesem Schritt gedrängt. Allerdings hatte Matschie die Linken zugleich mit seiner Aussage verärgert, er beharre darauf, dass die SPD den Regierungschef stelle. Im Hintergrund waren dafür in den vergangenen Tagen die Namen Wolfgang Thierse und Wolfgang Tiefensee genannt worden. Die SPD war hinter CDU und Linken bei der Landtagswahl mit 18,5 Prozent nur drittstärkste Kraft geworden.

Matschies Entscheidung war eine Telefon-Schaltkonferenz der SPD-Spitze mit Landtagsabgeordneten und Kreisvorsitzenden am Montagabend vorausgegangen. Dabei war Matschie offenbar stark bedrängt worden, den Weg für Rot- Rot-Grün zu ebnen. Denkbar ist auch, dass nach dem Sieg von Schwarz-Gelb bei der Bundestagswahl der Druck auf Matschie aus der Bundes-SPD gestiegen ist, sich für die Option links von der Mitte zu entscheiden.

Auch die Linken hatten einen Stein aus dem Weg geräumt: Die zu DDR-Zeiten als IM „Sonja“ geführte stellvertretende Parteivorsitzende Ina Leukefeld, die ursprünglich der Sondierungskommission der Linken angehört hatte, kündigte ihren Ausstieg aus der Runde an. Damit kam sie vor allem den Grünen entgegen, die dies zur Bedingung für weitere Gespräche gemacht hatten. Dass das letzte Sondierungstreffen aus Sicht der Grünen dennoch enttäuschend ausging, lag zumindest nicht an diesem Thema. So traf auch der am Abend tagende Grünen-Landesvorstand keine Festlegung über das weitere Vorgehen.

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