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Vertreibung: Polen beteiligt sich nicht an Gedenkstätte

Polen hat einem Gedenken für die Vertriebenen zugestimmt. Nun soll das Projekt zügig umgesetzt werden. Seine Mitarbeit hat Warschau jedoch abgelehnt.

Warschau/Berlin - Nach dem Einlenken Polens im Streit um ein „sichtbares Zeichen“ zum Gedenken an Flucht und Vertreibung in Berlin haben Vertreter der Koalition eine zügige Umsetzung des Projekts durch die Bundesregierung angekündigt. „Ende Februar, Anfang März wird es eine Entscheidung des Bundeskabinetts geben“, sagte SPD-Kulturpolitikerin Monika Griefahn dem Tagesspiegel am Mittwoch.

Polen hatte nach einem Besuch von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) am Dienstag in Warschau seinen Widerstand gegen das Projekt aufgegeben, eine Mitarbeit jedoch abgelehnt. SPD-Unterhändlerin Griefahn sagte, das Gedenkkonzept des „sichtbaren Zeichens“ werde mit „polnischem Geschichtsverständnis angereichert“. Zudem solle es noch 2008 eine internationale Expertenkonferenz geben, zu der Vertreter Polens und Tschechiens eingeladen würden. Nach den Planungen der Bundesregierung soll im Deutschland- Haus am Askanischen Platz in Berlin eine Gedenkstätte entstehen, die Elemente der Ausstellung „Flucht, Vertreibung, Integration“ im Bonner Haus der Geschichte aufnehmen wird. Die Gedenkstätte wird als unselbstständige Stiftung unter dem Dach des Deutschen Historischen Museums angesiedelt. Eine Beteiligung der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen Erika Steinbach an dem Projekt lehnt die SPD weiterhin ab. „Die CDU ist aufgefordert, hier reinen Tisch zu machen“, sagte Griefahn.

In Polen wurden die Gespräche zurückhaltend bewertet. Staatssekretär Wladyslaw Bartoszewski würdigte den gemeinsamen „Willen zur Lösung der Probleme“. Polen werde sich jedoch nicht am „sichtbaren Zeichen“ beteiligen. Daran konnte auch die erklärte Absicht der Bundesregierung nichts ändern, den historischen Zusammenhang der Vertreibung darzustellen und die Deportation von Polen zu berücksichtigen. Nach Auskunft eines Teilnehmers der Gespräche wird Polen „freundliche Distanz“ zum „sichtbaren Zeichen“ halten.

Ganz abseits will Warschau aber nicht stehen. So einigten sich die beiden Unterhändler darauf, auch polnischen Historikern eine Mitarbeit am „sichtbaren Zeichen“ zu ermöglichen. Bartoszewski unterstrich, dass es von besonderer Bedeutung gewesen sei, dass sein deutscher Gesprächspartner den Willen gezeigt habe, die Vorbehalte Polens zu verstehen. Zudem habe Berlin die Mitarbeit an weiteren Geschichtsprojekten zugesagt. So sei Deutschland bereit, sich an der Restaurierung der Gedenkstätte auf der Danziger Westerplatte anlässlich des 70. Jahrestags des deutschen Überfalls auf Polen am 1. September 1939 sowie an der Vorbereitung des Projekts eines „Museums von Krieg und Frieden im 20. Jahrhundert“ in Danzig zu beteiligen. Außerdem soll das „Europäische Netzwerk Erinnerung und Solidarität“ mit einem Büro in Warschau wiederbelebt werden.

Kritik an der neuen Linie der polnischen Regierung kommt aus dem national-konservativen Lager. Marek Cichocki, außenpolitischer Berater des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski, lehnt jede Beteiligung ab. Es bestehe keine Veranlassung zur Förderung des Projekts, das in erster Linie der Besänftigung deutscher innenpolitischer Spannungen diene. Knut Krohn/Sebastian Bickerich

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