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Politik: Vier Tage vor der Wahl – Patt

Umfrage ergibt: Eine Mehrheit gibt es nur für die große Koalition / Kirchhof ruft nach Merz

Berlin - Vier Tage vor der Bundestagswahl zeichnet sich eine äußerst knappe Entscheidung darüber ab, ob Unions- Kanzlerkandidatin Angela Merkel die von ihr angestrebte Koalition mit der FDP bilden kann. Während in den Umfragen der letzten Woche eine schwarz-gelbe Mehrheit nicht mehr möglich schien, deutete am Dienstag eine Emnid-Umfrage für den Sender N24 wieder ein offenes Rennen an. Danach kann die Union leicht zulegen und kommt auf 42 Prozent, die FDP kann mit 6,5 Prozent rechnen. Die SPD verliert und liegt bei 33,5 Prozent, Grüne (sieben) und Linkspartei (acht) sind unverändert. Damit kommt Schwarz-Gelb ebenso auf 48,5 Prozent wie Rot-Rot-Grün, im Bundestag gäbe es rein rechnerisch ein Patt mit je 299 Sitzen für beide Blöcke.

Entscheidend werden könnte damit die Zahl der Überhangmandate – und möglicherweise die Nachwahl in Dresden am 2. Oktober. Nach verschiedenen Prognosen kann die SPD mit bis zu vier Überhangmandaten rechnen, die Union mit fünf bis sechs. Merkel hatte erklärt, auch bei einer sehr knappen Mehrheit mit der FDP koalieren zu wollen, und eine große Koalition mit der SPD abgelehnt.

CDU-Generalsekretär Volker Kauder wertete die jüngste Umfrage als „hervorragende Ausgangsbasis für den Schlussspurt“. CSU-Generalsekretär Markus Söder sagte, die Aufholjagd der SPD sei gestoppt. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel betonte, es komme auf jede Stimme an.

Als erster führender Grünen-Politiker schloss Matthias Berninger eine Ampelkoalition von SPD, Grünen und FDP nicht mehr kategorisch aus. Grüne Erfolge zu verteidigen werde der Partei „in der Regierung besser gelingen als in der Opposition“, sagte der Staatssekretär im Bundesverbraucherministerium dem Tagesspiegel. Der Mainzer Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) schloss neben einer Ampelkoalition auch eine große Koalition nicht aus. Merkels Ablehnung eines schwarz-roten Bündnisses sei eine „Verhöhnung“ der Bürger. Niemand habe das Recht zu sagen, „lieber Wähler, wenn du eine bestimmte Koalition wählst, spielen wir einfach nicht mit“, sagte er im Südwestrundfunk. CSU-Chef Edmund Stoiber wies das Werben zurück: Nach der Wahl sei ein „richtiger Wechsel“ nötig. Der frühere NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück betonte die Notwendigkeit der Kooperation in zentralen Fragen über Parteigrenzen hinweg.

Die vom Wahlkampfleiter der Linkspartei, Bodo Ramelow, angedeutete Tolerierung eines rot-grünen Minderheitskabinetts hätte nach Informationen des Tagesspiegels keine Mehrheit in der SPD-Fraktion. „Ich würde im Bundestag keinen Kanzler wählen, der sich von der Linkspartei tolerieren ließe“, sagte der Sprecher der ostdeutschen SPD-Abgeordneten, Stephan Hilsberg, dem Tagesspiegel. Die SPD-Spitze hat ein Bündnis mit der Linkspartei bislang ausgeschlossen. Stoiber glaubt dagegen, die SPD werde eher ein rot-rot-grünes Bündnis eingehen als eine Ampelkoalition. Eine „Ampel“ hätte nach den Umfragen auch keine Mehrheit.

Die Union will an diesem Mittwoch nochmals ihr Wahlkampfteam in Berlin versammeln und sich angesichts der gegnerischen Dauerkritik demonstrativ hinter ihren Finanzfachmann Paul Kirchhof stellen. Der CDU-Finanzpolitiker Friedrich Merz nannte die Attacken auf Kirchhof maßlos. Kirchhof wiederum sagte, er halte Merz nicht für einen Konkurrenten, und bezeichnete eine „Tandemlösung“ nach der Wahl als ideal.

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