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Haareschneiden wieder möglich: Friseursalon in Magdeburg

© dpa/Ronny Hartmann

Update

Vor dem nächsten Corona-Gipfel: Lockerer und Bremser ringen um eine Linie

Am Mittwoch berät Kanzlerin Merkel mit den Spitzen der Länder über die weitere Corona-Politik. Befürworter und Gegner von Lockerungen stecken die Positionen ab.

Einen Tag vor den Beratungen von Bund und Ländern über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie liegen die Positionen scheinbar unversöhnlich weit auseinander. Befürworter von Lockerungen werben ebenso wie Vertreter eines vorsichtigen Kurses massiv für ihre Linie. Handel, Mittelstandspolitiker und ein Teil der Ministerpräsidenten werben für zeitnahe Lockerungen. Ärzte und ein anderer Teil der Landesregierungschefs hingegen warnen vor übereilten Schritten - sie weisen auf die steigenden Infektionszahlen und das Anrollen einer dritten Welle hin. Die Entscheidung dürfte am Mittwoch kaum vor dem Abend fallen.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) fordert, sich bei dem Treffen auf einen Stufen- und Perspektivplan zu verständigen. Dies sei „absolut unabdingbar“, sagte Günther am Dienstag im ARD-„Morgenmagazin“. Er mahnte aber zugleich „sorgsame Öffnungsschritte“ an. Er spüre, dass alle Regierungschefs einen Stufen- und Perspektivplan wollten, sagte Günther. Es gebe die Bereitschaft, den Weg dafür frei zu machen. Schleswig-Holstein hatte bereits vor mehreren Wochen einen eigenen Stufenplan vorgelegt.

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Im Zuge erster Lockerungen haben Kitas und Grundschulen vor einer Woche geöffnet, an diesem Montag sind nun die Friseure hinzugekommen und je nach Land auch Gartenmärkte, Blumenläden, Fußpflegestudios und mehr. Die Auswirkungen der Schul- und Kitaöffnung dürften erst in etwa zwei Wochen absehbar sein, die der anderen Öffnungen noch später.

Bisher galt als Zielmarke, dass das Infektionsgeschehen möglichst unter 50 oder gar 35 Fälle je 100.000 Einwohner und Woche gedrückt werden soll, ehe weiter gehende Öffnungsschritte möglich sind. Deutschlandweit liegt diese sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz dem Robert-Koch-Institut zufolge derzeit bundesweit bei 65,4. Die 50 ist damit deutlich überschritten, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind noch stärker vom Corona-Infektionsgeschehen betroffen.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff wirbt dennoch dafür, den Corona-Lockdown auch schon vor dem Unterschreiten einer Inzidenz von 50 weiter zu lockern. „Die Menschen sind nach dem Lockdown erschöpft“, sagte der CDU-Politiker der Funke-Mediengruppe. Die Politik müsse schauen, ob die Bevölkerung noch die nötige Disziplin und Motivation aufbringe.

„Daher sollten wir mehr erlauben - mit strengen Hygienemaßnahmen, Tests und Impfangeboten“, sagte Haseloff weiter. Als Beispiel nannte er Training im Sportverein in Kleingruppen. Auch eine Perspektive für das Shoppen im Kleidungsladen oder einen Museumsbesuch müsse es geben.

Er sei der Meinung, dass nicht alles an den Inzidenzen von 35 und 50 festgemacht werden könne, sagte Haseloff. Auch die Zahl der freien Intensivbetten, der Fortschritt beim Impfen und die Teststrategie müssten einbezogen werden. Der CDU-Politiker rechnet nicht damit, dass sich Bund und Länder am Mittwoch auf einen einheitlichen Stufenplan für Corona-Lockerungen einigen. „Man kann nicht alle Länder und Landkreise über einen Kamm scheren.“ Dafür sei das Infektionsgeschehen zu unterschiedlich. Einheitliche Regeln seien auch gerichtlich nicht haltbar.

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Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher dagegen warnt vor einer umfassenden Lockerung der Corona-Maßnahmen. „Wir würden die Krise eher verlängern, wenn wir jetzt zu viele Beschränkungen gleichzeitig aufheben“, sagte der SPD-Politiker der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Wir müssen eine starke dritte Welle verhindern, bevor uns die Impfungen ausreichend Schutz vor Corona bieten.“ Die Lage sei nach wie vor kritisch. „Nach einigen Wochen des Rückgangs steigen die Infektionszahlen jetzt bundesweit wieder“, sagte Tschentscher. Deswegen müssten Menschenansammlungen weiter vermieden sowie Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden.

Lockerungen sollten aber auch bei einer Inzidenz über 35 möglich sein. „Aufgrund der aktuell eher wieder zunehmenden Infektionsdynamik erreichen wir diesen Wert in nächster Zeit sicher nicht. Wir müssen vorsichtig bleiben, haben uns aber vorgenommen, eine Öffnungsstrategie zu entwickeln, die Planungsperspektiven gibt und sicher ist“, so Tschentscher. Jeder Schritt müsse kontrolliert erfolgen, etwa in Verbindung mit Schnell- oder Selbsttests.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) versucht, beides miteinander zu vereinbaren. „Wir brauchen eine Perspektive für den Handel und auch für die Frage der Kontaktbeschränkungen“, sagte er RTL/n-tv. Allerdings sei eine regionale Differenzierung für diejenigen notwendig, die sehr niedrige Inzidenzen hätten - und umgekehrt eine Notbremse und Hotspot-Strategie für die Bereiche, die sehr weit oben seien. Man müsse mit Vorsicht und Umsicht öffnen, forderte Söder.

Nordrhein-Westfalens Regierungschef Armin Laschet (CDU) spricht sich für kontrollierte Öffnungsschritte ohne Fokussierung auf Inzidenzwerte anstatt eines langen Corona-Lockdowns aus. „Jetzt gilt konzentrierte Sicherheit statt dauerhaftes Schließen“, sagte Laschet dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Die sozialen, wirtschaftlichen und psychischen Schäden der Pandemie müssten sorgfältig abgewogen werden. Er fordert eine vorsichtige Öffnung mit einer ganzen Breite von Schutzmaßnahmen und den besseren Einsatz digitaler Möglichkeiten. (mit Agenturen)

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