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Kanzler Olaf Scholz am Mittwoch im Bundestag. In der Sitzung wurde auch über steigende Mieten debattiert.

© REUTERS/LIESA JOHANNSSEN

Exklusiv

Vor letztem Baugipfel: Grüne werfen Scholz Versagen in der Wohnungspolitik vor

Kanzler Scholz hat die Mieter nicht geschützt, sagen die Grünen. Wegen der auslaufenden Mietpreisbremse attackieren sie auch Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz.

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Im Wahlkampf entdeckt Bundeskanzler Olaf Scholz das Tempelhofer Feld als Thema. „Wir müssen in riesigem Umfang neue Wohnungen bauen, zum Beispiel auch in Berlin“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch im Bundestag. So müsse man sich auch trauen, etwa den ehemaligen Flughafen zu bebauen, „der da gewissermaßen ungenutzt rumliegt“.

Abseits der großen Bühne delegiert Scholz die Baupolitik in diesen Tagen lieber. Der letzte Baugipfel dieser Legislaturperiode wird keinen Fortschritt beim Wohnungsbau mehr bringen. Deshalb trifft sich statt dem Kanzler nun Bauministerin Klara Geywitz (SPD) mit Vertretern der Bau- und Wohnungswirtschaft.

Notgedrungen wird der letzte Termin des Bündnisses bezahlbarer Wohnraum nun vor allem der Bilanz dienen. Im Bauministerium hat man sich gegen die erwartbare Kritik gewappnet. Trotz denkbar schwieriger Rahmenbedingungen seien in den Jahren 2021, 2022 und 2023 in Deutschland dank vieler Fördermaßnahmen jeweils knapp 300.000 Wohnungen gebaut worden, heißt es aus Geywitz’ Haus.

Im Bundestagswahlkampf 2021 hatte Scholz aber 400.000 neue Wohnungen pro Jahr versprochen. So sollte der angespannte Wohnungsmarkt entlastet werden. Dieses Ziel wurde nicht erreicht.

Grünen vermissen Mieterschutz

Selbst die Grünen werfen Scholz und Geywitz deshalb nun ein Versagen in der Wohnungs- und Mietenpolitik vor. Zwar habe das Bündnis bezahlbarer Wohnraum Maßnahmen entwickelt, um Bauen bezahlbarer zu machen, sagt Hanna Steinmüller, die wohnungspolitische Sprecherin im Bundestag. Sie kritisiert jedoch, dass die Betrachtung des Wohnungsbestandes, von Sanierung bis Mietrecht, von Beginn an ausgeklammert worden sei.

„Dabei wäre gerade ein soziales Mietrecht aktuell der beste Schutz für Mieterinnen und Mieter vor davon galoppierenden Mietpreisen“, sagt Steinmüller dem Tagesspiegel. Dass der frühere Justizminister Marco Buschmann (FDP) die Verlängerung der Mietpreisbremse jahrelang blockiert habe, habe Scholz untätig hingenommen.

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Wird die Mietpreisbremse bis Ende 2025 nicht doch noch verlängert, könnten die Angebotsmieten in den beliebten Ballungsgebieten noch stärker als bisher steigen. Derzeit dürfen sie wegen der Mietpreisbremse maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. „Viele Menschen, die händeringend eine Wohnung suchen, werden dann die Zeche zahlen“, warnt Steinmüller.

Viele Menschen, die händeringend eine Wohnung suchen, werden dann die Zeche zahlen.

Hanna Steinmüller, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen

Zwar will Justizminister Volker Wissing (parteilos) die Verlängerung der Mietpreisbremse nun doch noch durch Kabinett und Parlament bringen. Doch Union und FDP, auf die SPD und Grüne angewiesen sind, wollen dem vor der Bundestagswahl nicht mehr zustimmen.

Attacken auf Friedrich Merz

Mit dem Thema Mietpreisbremse wollen die Grünen im Wahlkampf deshalb auch Friedrich Merz, den Kanzlerkandidaten der Union, treiben. Bewege er sich nicht, „tragen die hohen Mieten in Zukunft seinen Namen“, sagt die Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge.

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Steinmüller wirft Merz und der Union auch vor, mehr günstigen Neubau zu verhindern. „Dafür brauchen wir mehr steuerliche Förderungen und gezielte Investitionen in den gemeinnützigen, sozialen und genossenschaftlichen Wohnungsbau“, sagt sie. „Angesichts der Haushaltslage muss die Union Haltung zeigen und mit uns die Schuldenbremse reformieren.“ Ohne diese Reformen würden die Mieten auf absehbare Zeit weiter steigen.

Axel Gedaschko, der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen, ärgert sich vor dem letzten Spitzentreffen mit Geywitz vor allem, dass die geplante Deregulierung des Wohnungsbaus Stückwerk bleibt.

Er kritisiert, dass die Ampel sowohl die geplante Reform des Baugesetzbuches als auch die Etablierung eines einfacheren Gebäudetyps E nicht mehr umgesetzt hat. Auch der sogenannte Bauturbo für neue Wohngebiete, die bis 2027 ohne Bebauungsplan angelegt werden sollten, wird wohl nicht mehr kommen. „Wir hoffen, dass die nächste Regierung – wie sie auch aussehen mag – diese Vorhaben zügig angeht und umsetzt“, sagt Gedaschko dem Tagesspiegel.

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