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Vorwurf Kinderpornografie: Die SPD setzt Tauss unter Druck

Die Südwest-Genossen diskutieren über den Rückzug von Jörg Tauss aus dem Bundestag. Der Abgeordnete beteuert im Zusammenhang mit den Kinderpornografie-Vorwürfen weiter seine Unschuld.

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Berlin - Der SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss gerät immer stärker unter Druck. Am Montag machte er eine umfassende Aussage zum Kinderpornografie-Verdacht. Die Ermittler beharrten anschließend auf ihren Vorwürfen. In Baden-Württemberg rückten weitere Parteifreunde von ihm ab.

Die Südwest-SPD erwartet, dass der Abgeordnete noch in dieser Woche erklärt, ob er seine Kandidatur für den nächsten Bundestag aufrechterhalten kann. Parteisprecher Andreas Reißig sagte dem Tagesspiegel, eine von SPD-Landeschefin Ute Vogt ursprünglich bis Ostern gesetzte Frist werde damit verkürzt. Zuvor hatte die Landtagsfraktion ihren rechtspolitischen Sprecher Rainer Stickelberger mit der Forderung vorgeschickt, Tauss solle „möglichst schnell“ sein Bundestagsmandat niederlegen. Mit dieser Debatte nahmen die Genossen aus Baden-Württemberg ihren Parteifreunden in Berlin eine Last ab – denn intern gilt Tauss auch hier als nicht mehr zu halten. Nur hat das bisher noch niemand laut geäußert, um sich nicht eine Vorverurteilung vorwerfen lassen zu müssen.Ein Sprecher der Bundestagsfraktion bestätigte, dass Tauss vorerst nicht an den Plenarsitzungen in Berlin teilnehmen wird. Entsprechend einer Verständigung zwischen ihm und Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann werde der Abgeordnete „frühestens nach Ostern“ wieder im Bundestag erscheinen.

Erzwingen kann die SPD einen Verzicht auf das Mandat nicht. Sie könnte Tauss nur aus der Fraktion ausschließen. Zur Wahl am 27. September ist der Karlsruher Sozialdemokrat schon für einen sicheren Platz auf der baden-württembergischen Landesliste benannt.

Tauss berief sich in der fast fünfstündigen Vernehmung erneut darauf, er habe für seine Gesetzgebungsarbeit im Bundestag bloß recherchieren wollen. Er sei nicht schuldig im Sinne der Anklage. Die Argumente ähneln damit denen einer früheren schriftlichen Stellungnahme. Darin hieß es, er habe seine These belegen wollen, dass die Kinderporno-Szene im Internet durch andere Verbreitungsformen verdrängt werde. Auch hätte die erhoffte „Sprengung“ eines Kinderpornorings „meinem Bekanntheitsgrad nicht gerade geschadet“, so der Politiker. Tauss gab erneut zu, einschlägige Dateien bezogen und dafür Geld bezahlt zu haben. Seine Recherchen hatte er auch durch Kritik am Bundeskriminalamt gerechtfertigt. Die Behörde nutze das Thema Kinderpornografie, um neue Zuständigkeiten und Kompetenzen politisch durchzusetzen. Tauss trat als zuständiger Fachpolitiker dafür ein, das Internet nicht weiter zu beschränken.

Der Anwalt von Tauss, Jan Mönikes, sagte dem Onlineportal „bild.de“ zu der Vernehmung: „Herr Tauss ist auf alle Details umfassend eingegangen.“ Er sprach von einem „sehr konstruktiven Gespräch“. Seiner Ansicht nach bemühten sich die Ermittler um ein „faires und schnelles Verfahren in dem aus meiner Sicht begrenzten Vorwurf“.

Der Ausgang des Verfahrens wegen „Verbreitung, Erwerb und Besitz von Kinderpornografie“ ist offen. Tauss argumentiert mit einer Passage im Strafgesetzbuch, derzufolge etwa Ärzte oder Anwälte, die sich mit Kinderpornografie beschäftigen müssen, nicht wegen deren Besitzes bestraft werden dürfen. Ob diese Vorschrift bei Politikern greift, haben die Gerichte noch nicht geklärt. Sollte Tauss verurteilt werden, wäre er vorbestraft. Bleibt es bei einer Geldstrafe unterhalb von 90 Tagessätzen oder drei Monaten Haft, dürfte er sich dennoch als unbestraft bezeichnen, da eine solche Strafe nicht im polizeilichen Führungszeugnis aufgenommen wird. Dass Tauss durch ein Urteil sein passives Wahlrecht zum Bundestag verliert, ist unwahrscheinlich. Laut Strafgesetzbuch tritt diese Folge nur ein, wenn jemand wegen eines Verbrechens zu mindestens einem Jahr Haft verurteilt wird. Das einschlägige Delikt sieht jedoch keine Mindeststrafe von einem Jahr vor und zählt juristisch nicht als Verbrechen.

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