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Der frühere türkische Präsident Abdullah Gül sieht nicht genug Unterstützung für sich.

© Justin Lane/EPA/dpa

Wahl in der Türkei: Ex-Präsident Gül tritt nicht gegen Erdogan an

Der ehemalige türkische Präsident Gül schafft Klarheit: Er kandidiert am 24. Juni nicht gegen Erdogan - der dürfte aufatmen.

Der frühere türkische Präsident Abdullah Gül hat eine Kandidatur gegen den amtierenden Staatschef Recep Tayyip Erdogan bei der Wahl im Juni ausgeschlossen. "Die Frage meiner Kandidatur stellt sich nicht mehr", sagte Gül am Samstag in Istanbul bei einer Pressekonferenz. Er beendete damit tagelange Spekulationen. Gül begründete den Verzicht auf eine Kandidatur mit der fehlenden Unterstützung von Teilen der Opposition. "Ich hatte gesagt, wenn es einen breiten Konsens gäbe, würde ich mich nicht scheuen, meine Pflicht zu tun", sagte er.

Gül äußerte sich besorgt über das politische und soziale Klima im Land. "Wir sind mehr beschäftigt mit gegenseitigen persönlichen Angriffen und politischem Taktieren anstatt mit dem, was das gut ist für die Türkei", sagte er. "Die Türkei hat leider keine positive Agenda. In diesem Klima bewegen wir uns auf Wahlen zu."

Die Wahl war überraschend vorgezogen worden

Es war seit Tagen spekuliert worden, ob Gül gegen seinen langjährigen Weggefährten Erdogan antreten würde. Seit der überraschenden Ankündigung vorgezogener Parlaments- und Präsidentschaftswahlen durch Erdogan liefen intensive Gesprächen zwischen den Oppositionsparteien über die Bildung von Wahlbündnissen und die Aufstellung eines gemeinsamen Präsidentschaftskandidaten für die Wahl am 24. Juni. Regulär hätten erst im November 2019 Wahlen angestanden.

In den Medien wurde gemutmaßt, die kleine proislamische Saadet-Partei wolle Gül als Kandidaten gewinnen. Ihr Vorsitzender Temel Karamollaglu traf die Vorsitzenden der links-nationalistischen CHP und der neu gegründeten IYI-Partei und kam auch wiederholt mit Gül zusammen. Allerdings wurde im Laufe der Woche immer deutlicher, dass in beiden Parteien erhebliche Vorbehalte gegen eine Kandidatur Güls bestanden.

Gül gehörte 2001 mit Erdogan zu den Begründern der islamisch-konservativen AKP und diente nach ihrem Wahlsieg im folgenden Jahr kurzzeitig als Ministerpräsident, da Erdogan selbst das Amt zunächst nicht ausüben durfte. Als Außenminister erreichte Gül 2005 die Aufnahme formeller Beitrittsgespräche mit der Europäischen Union, bevor er 2007 trotz des Widerstands der alten säkularen Eliten zum Staatschef gewählt wurde.

Güls Verhältnis zu Erdogan gilt als angespannt

In diesem Amt erwarb er sich den Spitznamen "Notar", da er widerspruchslos alle Gesetzesinitiativen seines Parteifreunds Erdogan absegnete, doch mehrten sich ab 2013 die Differenzen. Während Erdogan nach den Gezi-Protesten und den Korruptionsermittlungen von Dezember 2013 immer autoritärer auftrat, plädierte Gül für Dialog und Mäßigung. Doch fand er damit in Partei und Regierung immer weniger Gehör.

Als Gül im August 2014 schließlich das Präsidentenamt Erdogan überließ, galt ihr Verhältnis als angespannt. Seitdem wurde immer wieder spekuliert, dass Gül seinen alten Gefährten herausfordern könnte, doch hielt er sich mit öffentlichen Äußerungen zur Politik zurück. Kommentatoren waren sich zuletzt einig, dass sich der notorisch vorsichtige Gül nur aus der Deckung wagen würde, wenn er breite Rückendeckung der Opposition hätte. (AFP)

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