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Eine Wählerin im mehrheitlich arabischen Städtchen Tira nahe Tel Aviv - am Dienstag wurden knapp 6 Millionen israelische Staatsbürger zur Wahl aufgerufen.

© Reuters

Wahlen in Israel: Erfolg für Netanjahus Likud-Beitenu erwartet

In Israel zeichnet sich bei den vorgezogenen Parlamentswahlen ein erneuter Erfolg für Regierungschef Benjamin Netanjahu ab. Spannend bleibt, ob es auch die neu aufstrebenden Parteien vom ultranationalen Rand bis zur sekulären Mitte in die Knesset schaffen. Erstaunlich ist bisher die Wahlbeteiligung.

Israel hat am Dienstag ein neues Parlament gewählt und damit die Weichen für die kommenden vier Jahre gestellt. Das rechte Bündnis Likud-Beitenu von Regierungschef Benjamin Netanjahu und dem ehemaligen Außenminister Avigdor Lieberman konnte nach Umfragen damit rechnen, stärkste Kraft zu werden. Unklar war nach einem themenarmen Wahlkampf, ob Netanjahu erneut eine rechte und siedlerfreundliche Koalitionsregierung schmieden oder verstärkt Parteien der politischen Mitte und links davon einbeziehen würde.

Die Wahlbeteiligung lag bis zum Nachmittag deutlich höher als erwartet. Die zentrale Wahlkommission teilte mit, sie erwarte bis zum Ende der Abstimmung eine Beteiligung von mehr als 70 Prozent, etwa fünf Prozentpunkte mehr als bei der Wahl 2009. Von der Ausrichtung der künftigen Koalitionsregierung hängt unter anderem die Zukunft des seit Jahren auf Eis liegenden Friedensprozesses mit den Palästinensern ab. Und das könnte entscheidend für Israels Beziehungen zu seinen engsten Verbündeten wie den USA und Deutschland sein. Im Wahlkampf standen aber vor allem soziale Themen im Vordergrund, die auch die Demonstrationen vom Sommer 2011 bestimmt hatten.

Bei der Wahl zur 19. Knesset waren mehr als 5,6 Millionen Israelis stimmberechtigt. Die Wahlen waren vorgezogen worden, weil sich die Rechts-Koalition des konservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Herbst nicht auf einen Sparhaushalt hatte einigen können. Netanjahu geht als klarer Favorit in die Abstimmung, wird aber wohl kräftige Stimmenverluste hinnehmen müssen.

Likud Beitenu, die gemeinsame Liste aus Netanjahus Likud und der ultranationalistischen Partei seines bisherigen Außenministers Avigdor Lieberman werden zusammen rund 32 Mandate vorhergesagt, das wären zehn weniger als 2009, als beide mit ihren Parteien getrennt antraten. Weil die linke Arbeitspartei als voraussichtlich zweitstärkste Kraft rund 17 Mandate erhalten dürfte, gilt als sicher, dass Netanjahu erneut mit der Regierungsbildung beauftragt wird.

Der Regierungschef nutzte selbst seine Stimmabgabe am Dienstag noch zum Wahlkampf: “Wir wollen, dass Israel gewinnt, wir wählen Likud Beitenu“, wiederholte Netanjahu seinen im Wahlkampf vielfach geäußerten Appell an die konservativen Wähler, sich hinter der führenden konservativen Partei zu sammeln und eine Zersplitterung des rechten Lagers zu begrenzen. Der im Falle seiner Wiederwahl bereits zum dritten Mal als Regierungschef amtierende Netanjahu steht von rechts unter Druck, seit die Siedlerpartei “Das jüdische Haus“ des rechtsnationalistischen Jung-Politikers Naftali Bennett in Umfragen ein kometenhafter Aufstieg vorhergesagt wurde. Bennett, der den Großteil des besetzten Westjordanlandes israelischem Staatsgebiet zuschlagen will, könnte als Führer der drittstärksten Kraft im Parlament wichtigster Koalitionspartner von Netanjahu und Lieberman werden.

Die Chefin der wiedererstarkten Arbeitspartei, Schelli Jachimowitsch, hat ausgeschlossen, in eine Koalition mit Netanjahu einzutreten und sich im Wahlkampf fast ausschließlich auf die zunehmenden sozialen Nöte vieler Israelis, wie hohe Mieten und Lebenshaltungskosten konzentriert. Während Netanjahu unter dem Druck von rechts seine ohnehin harte Haltung im Konflikt mit den Palästinensern und zum Siedlungsbau noch verschärft hatte, plädieren alle Parteien der Mitte - neben der Arbeitspartei noch die zentristischen Neugründungen “Es gibt eine Zukunft“ und die “Bewegung“ von Ex-Außenministerin Zipi Livni für einen Neustart der Friedensverhandlungen mit den Palästinensern. Anders als die Arbeitspartei haben Livni und “Zukunft“-Chef Jair Lapid eine Beteiligung an einer Koalitionsregierung nicht ausgeschlossen. In den vergangenen Tagen hatte es auch aus dem Netanjahu-Lager Hinweise darauf gegeben, dass der Regierungschef sich in der politischen Mitte um eine Mehrheit bemühen könnte.

Gewählt wird noch bis 22 Uhr Ortszeit (21 Uhr MEZ) am Dienstag. Mit offiziellen Endergebnissen ist am Mittwoch zu rechnen.

(Reuters, dpa)

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