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Wo geht's lang? Nächstes Jahr sind in Bayern Landtagswahlen.

© dpa

Wahlkampf in Bayern: Die CSU und Horst Seehofer im Glück

In den letzten Umfragen lag Horst Seehofers CSU mit klarem Abstand vorn: Sogar eine Alleinherrschaft scheint in Bayern ab 2013 möglich.

Nun beginnt sie wirklich, die „Mutter aller Schlachten“, wie Horst Seehofer pathetisch sagt. In einem knappen Jahr, voraussichtlich am 15. September 2013, wird in Bayern der Landtag neu gewählt. In den letzten Umfragen lag Seehofers CSU mit klarem Abstand vorn. So klar, dass auch eine Alleinherrschaft wieder möglich scheint. Seehofers Konkurrent um das Amt des Ministerpräsidenten, SPD-Spitzenkandidat Christian Ude, kündigte nun eine intensivere Auseinandersetzung mit der „politischen Person“ Seehofer an: „Es ist atemberaubend, wie viele Themen er in einer Woche anspricht, von denen man anschließend nie wieder etwas hört, und bei wie vielen Positionen er sich um 180 Grad gedreht hat“, sagte Ude dem „Focus“. Der bisherige Münchner Oberbürgermeister würde in einer Direktwahl laut der neuesten Emnid-Umfrage im Auftrag des Magazins nur 35 Prozent der Stimmen erhalten, Seehofer 51 Prozent. Die CSU käme demnach auf 48 Prozent, ein mögliches Bündnis aus SPD, Grünen und Freien Wählern zusammen dagegen nur auf 39 Prozent.

„Es ist angerichtet für das große Finale“, sagte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer denn auch kürzlich auf der CSU-Klausurtagung im oberfränkischen Kloster Banz. Dort verkündete er auch seine lange erwartete und ebenso lange herausgeschobene Entscheidung, an der CSU-Spitze in den Wahlkampf zu ziehen. In den letzten Wochen zeigt sich der 63-jährige Ingolstädter außergewöhnlich ruhig. Abgeklärt, als habe er ein klares Ziel vor Augen; mit einem Lächeln um die Mundwinkel, als blicke er immer wieder leicht ironisch in sich hinein. Selbst wenn es knüppeldick kommt wie etwa jetzt mit der erneuten FDP-Verweigerungshaltung beim Betreuungsgeld: Seehofer hat zu sich, hat zu seiner Politik gefunden. So zumindest soll es wirken.

Doch für Seehofer, der noch keine Landtagswahl bestritten hat, steht viel, ja alles auf dem Spiel. Scheitert der Polit-Zocker, dann wäre das nicht nur sein sofortiges Ende. Der Verlust der Regierungsmacht im seit 1958 von der CSU dauerregierten Freistaat wäre auch für die Christsozialen eine existenzielle Bedrohung. Denn wozu bräuchte man eine nur auf Bayern beschränkte Partei, wenn diese in ihrem Land in der Opposition sitzt?

Aber Horst Seehofer hat ein neues Zugpferd. Ilse Aigner, die Bundeslandwirtschaftsministerin. Er hat die CSU-Politikerin aus Berlin nach München zurückbeordert für die Zeit nach der Wahl. Und vor allem für den Wahlkampf. Aigner, der neue Shooting-Star? In der Partei ist die 47-Jährige eine mächtige Figur, denn sie steht dem bedeutendsten CSU-Bezirk Oberbayern vor. Sie hat Strippenzieher-Qualitäten und verhinderte etwa auf dem letzten Parteitag, dass der alternde CSU-Quertreiber Peter Gauweiler zum Vize gewählt wurde.

Nun hat sich ein Nachfolge-Trio gebildet für die Zeit nach Seehofer – er selbst will bei einem Wahlsieg die volle Legislaturperiode bis 2018 weiterregieren. Ausgerechnet Seehofer, dem immer wieder sein unstetes Lavieren, sein Image als „Crazy Horst“ vorgehalten wird, gibt sich in dieser Frage höchst verbindlich: Man kandidiere für fünf Jahre und nicht für zwei oder drei. Schon lange in den Thronfolge-Startlöchern steht Bayerns Finanzminister Markus Söder. Der Nürnberger gilt als karrierebewusstes Arbeitstier mit Hang zum Opportunismus. Den Atomausstieg machte er als Umweltminister blitzschnell zu seinem Thema, jetzt wirbelt er mit dem Versprechen, dass Bayern als erstes Bundesland schuldenfrei werden soll.

Ähnlich ambitioniert zeigt sich Sozialministerin Christine Haderthauer. Wortgewaltig versucht sie den Spagat – einerseits steht sie für Emanzipation und Frauenförderung, andererseits ist sie eine große Fürsprecherin des von vielen als rückständig angesehenen Betreuungsgeldes. Ilse Aigner wiederum war immer die Stille in der Dreier-Gruppe. Es wird sich noch zeigen, ob sie einen inneren politischen Kompass besitzt. Und ob sie sich durchsetzen kann.

Ein „zwei Jahre andauerndes Crescendo“ hatte SPD-Herausforderer Ude der CSU im vergangenen Sommer angekündigt. Nun allerdings herrscht Flaute bei der Opposition. Es scheint, als ob Ude ein Jahr zu früh begonnen hat. Der Aha-Effekt und der kurzfristige Höhenflug sind vorbei, die SPD steht bei 21, 22 Prozent – was auch seiner Ansicht nach „verbesserungswürdig“ ist. Letztes Jahr hatte Ude Seehofer in einer Schwächephase erwischt. Frisch, fröhlich, kompetent – Ude. So präsentierte sich der 65-jährige Herausforderer.

Sympathisch war, dass sich der Ur-Münchner erst einmal als Bayern-Lehrling zeigte. Er verwechselte Ober- mit Unterfranken und Niederbayern mit der Oberpfalz. Ude gibt aber weiter nur den Lehrling, der durch die hintersten Ecken des Freistaats tourt. In Sachdiskussionen neigt er zum Rechthaberischen. Vor allem schöpft er seinen München-Bonus nicht aus, den er durchaus besitzt. Auch bröckelt das Oppositionsbündnis mit den Freien Wählern (FW) zusehends. Eine Regierungskoalition scheint immer schwerer möglich mit der harten Anti-Eurorettungshaltung von FW-Chef Hubert Aiwanger. Teils kommt ihm deshalb die Basis abhanden. Für ihn sind das immer „lokale Einzelfälle“.

In der CSU wiederum ist auch vieles nicht so gut bestellt, wie es Horst Seehofer gerne hätte. Der Slogan „Bayern zuerst“ bleibt wolkig. Die Energiewende stottert. Schüler und Eltern murren über Stundenausfall, zu große Klassen und die weiter bestehende Dreigliedrigkeit. Beim Gerangel um die neuen Landtags- und Bundestagskandidaturen ist es kaum möglich, die selbst gesteckte Frauenquote von 40 Prozent zu erfüllen.

Auf die FDP als Bündnispartner setzt Seehofer nichts mehr. Dennoch erscheint seine Lage derzeit komfortabel: Wenn es zum Alleinregieren doch nicht reicht, könnte er die Freien Wähler auf seine Seite ziehen. Oder gar ein bisschen mit den Grünen anbandeln, denen gegenüber er sich manchmal sehr herzlich zeigt. Solche Gedanken findet Seehofer „lustig“, wie er sagt.

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