zum Hauptinhalt
125.000 Menschen protestierten am Samstag in ganz Frankreich gegen die Politik von Macron, auch gewaltsam wie hier in Paris.

© imago/Michael Trammer

Frankreich nach dem vierten Protestsamstag: Warten auf Macron

Nach dem vierten Protestsamstag muss Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Antworten auf die Krise geben – nur welche?

Frankreich blickt am Tag nach den Protesten der Gelbwesten auf große Schäden in den Städten, verwüstete Geschäfte, verbrannte Autos. In Paris, Bordeaux, Toulouse und Marseille war die Zerstörung wieder groß. Nun warten alle darauf, dass Präsident Emmanuel Macron endlich das Wort ergreift und Antworten auf die Krise gibt. Er wird heftig kritisiert, weil er sich zurückhält. Bis Sonntagmittag hatte der Präsident lediglich über Twitter der Polizei für ihren Einsatz gedankt.

Regierungssprecher Benjamin Griveaux erklärte, dass Macron sich „Anfang der Woche“ äußern werde. Bisher gibt es noch keine Hinweise aus dem Elyséepalast darüber, wann und in welcher Form es stattfindet, vermutlich Montag oder Dienstag im TV. Der konservative Ex-Außenminister und Bürgermeister von Bordeaux, Alain Juppe, erklärte: „Er muss schnell sprechen, Verständnis aufbringen und starke Maßnahmen verkünden.“

Politiker aller Parteien diskutieren darüber, was er verkünden kann. Der Präsident hat mehrere Bürgermeister von französischen Städten empfangen, um darüber zu beraten. Die Franzosen warten auf konkrete Maßnahmen, die ihnen helfen, besser zu leben. Die Gelbwesten, von denen viele zur unteren Mittelschicht gehören, forderten unter anderem mehr Geld für Rentner und Steuererleichterungen für weniger Verdienende sowie Klein- und Mittelstandsunternehmen. Die Erhöhung der Treibstoffsteuer, die für 2019 geplant war, hat Macron schon vor der vierten Protestrunde zurückgenommen, was den Gelbwesten aber nicht ausreichte.

Laut Grünenpolitiker Daniel Cohn-Bendit muss Macron sein Image korrigieren und „sozialer“ werden. Sozialistenchef Olivier Faure forderte, dass Macron seine Reform der Vermögenssteuer zurücknimmt. Früher flossen darin auch Aktien ein, jetzt ist sei nur noch auf Immobilien beschränkt und fällt ab 1,3 Millionen Euro Besitz an. Doch Macron hat schon erklärt, dass er die Reform nicht zurückzieht. Marine Le Pen, Chefin des rechtsextremen Rassemblement National, erwartet „starke Antworten auf die Leiden der Gelbwesten“. Wie der Linke Jean-Luc Mélenchon fordert sie eine Auflösung der Nationalversammlung.

Die Maßnahmen könnten zwölf bis 15 Milliarden Euro verschlingen

In Regierungskreisen werden laut Medieninformationen zusätzliche Prämien für Mindestverdiener oder Kilometerpauschalen für die Franzosen diskutiert, die mit dem Auto zur Arbeit fahren müssen. Viele Gelbwesten hatten eine Erhöhung des Mindestlohns gefordert. Eine Steuersenkung auf Gehälter ist im Gespräch, was Macron auch schon im Wahlkampf angekündigt hatte, ebenso wie eine schnellere Abschaffung der Wohnsteuer für ärmere Franzosen. Diese sollte eigentlich über drei Jahre langsam eingestellt werden. Bleibt die Frage, wie die Maßnahmen finanziert werden sollen. Die Zeitung „Le Journal de Dimanche“ schätzt, dass sie mindestens 12 bis 15 Milliarden Euro verschlingen könnten.

Während alle auf Macron warten, gehen die Behörden Hinweisen nach, über die die „The Times“ berichtet hat. Russland könnte sich mit Hunderten von Twitter-Konten in die Proteste der Gelbwesten eingemischt haben und diese noch angeheizt haben. Es sollen dabei unter anderem falsche Fotos von Gelbwesten gezeigt worden sein, die von Polizisten verletzt wurden. Es sei noch zu früh, darüber zu urteilen, lassen die zuständigen Behörden verlauten.

Einig sind sich die Medien darüber, dass die Sicherheitsmaßnahmen am vierten Protestsamstag in Folge trotz aller Aufrufe zu Gewalt im Netz funktioniert haben. Laut Zahlen des Innenministeriums waren es im ganzen Land 125000 Demonstranten, davon 10000 in Paris. Ihnen standen 89000 Polizisten gegenüber, in Paris 8000. Es wurden präventiv 1723 Personen in Frankreich festgenommen. Dennoch waren die Schäden groß. Frankreichs Finanz- und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire nannte sie „eine Katastrophe für die Wirtschaft“. Und schon kündigen einige Vertreter der Gelbwesten an, dass sie einen weiteren Protestsamstag organisieren wollen. Sie nennen ihn: „Akt 5 Abschiedstrunk von Emmanuel Macron“ .

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false