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Selbst von WHO-Chefin Margaret Chan bekam Angela Merkel für ihre Rede in Genf Applaus.

© Denis Balibouse/Reuters

Weltgesundheitsversammlung: Angela Merkel plädiert für globalen Katastrophenschutzplan

Bundeskanzlerin Angela Merkel monierte vor den Delegierten in Genf die schleppende Reaktion der WHO auf die Ebola-Epidemie. WHO-Chefin Margaret Chan reagierte gelassen. Sie hatte schon heftigere Kritik einstecken müssen.

Trotz des Ärgers in Berlin wirkte Angela Merkel entspannt und locker. Die Bundeskanzlerin genoss den Beifall, den sie am Montag schon auf dem Weg zum Rednerpult von der Weltgesundheitsversammlung in Genf erhielt. Und die Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation, Margaret Chan, zeigte sich erfreut, dass die deutsche Top-Politikerin als Hauptrednerin erschien. Chan nickte Merkel von der Tribüne aus aufmunternd zu.
Die gefährliche Krise um den Bundesnachrichtendienst interessierte kaum einen der Delegierten aus den mehr als 190 WHO-Mitgliedsländern. Das Knirschen in der Großen Koalition war im Versammlungssaal nicht zu hören. Und Merkel gab die erfahrene Staatsfrau, die ihre Agenda vorstellt. Zum Wohle der Weltbevölkerung.
In ihrer Rede verlangte sie von der WHO, einen globalen Katastrophenschutzplan zum Kampf gegen Epidemien wie Ebola aufzustellen. Bessere internationale Kooperation sei erforderlich, um Menschenleben zu retten. "Die Gesundheit des einen ist auch die Gesundheit des anderen", betonte die Kanzlerin, wieder brandete Applaus auf. Eine reformierte WHO müsse eine "zentrale Rolle" spielen. Die Kanzlerin betonte, dass Deutschland als diesjähriger Präsident der reichen G7-Länder das "Menschenrecht auf Gesundheit" international stärker verankern wolle.

Dann gab es Vorhaltungen an die Adresse der WHO: Merkel kritisierte die schleppende Reaktion der Organisation auf Ebola. Mit dem Virusinfizierten sich fast 27.000 Menschen. Mehr als 11.000 Menschen starben. Die dezentrale Struktur der WHO mit Regionalbüros und den vielen Länderbüros behindere einen entschlossenen Kampf gegen Epidemien. Dezentralität könne zu Entscheidungsunfähigkeit führen, hielt die deutsche Regierungschefin fest.
WHO-Generaldirektorin Chan ließ die Schelte regungslos über sich ergehen. In den vergangenen Monaten hatte Chan noch viel härtere Missbilligungen schlucken müssen: Von tödlicher Schlamperei war die Rede, Ebola habe die fatalen Schwächen Chans als WHO-Chefin demaskiert. Merkels Worte wirkten im Gegensatz dazu nahezu moderat. Nach dem Auftritt wollten sich Merkel und Chan noch zu einem Gedankenaustausch zusammenfinden: Ein Treffen von zwei mächtigen Frauen unter Druck.

Jan Dirk Herbermann

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